Ehemalige Finanzkanzlei, heute Regierungspräsidium Karlsruhe

Schlossplatz 1-3

Von der Großherzoglichen Finanzkanzlei zum Regierungspräsidium Karlsruhe - Bau und Wiederaufbau eines bedeutenden Verwaltungsgebäudes.

Geschichte und Bedeutung des Amtsgebäudes

Das Hauptgebäude des Regierungspräsidiums Karlsruhe wurde 1829 bis 1833 nach dem Entwurf des Oberbaurats und Universitätsprofessors Heinrich Hübsch (1795-1863) als großherzogliche Finanzkanzlei errichtet. 1828 hatte das Finanzministerium die Zusammenlegung mehrerer angemieteter Dienststellen in einem Hause beschlossen und einen Neubau in Auftrag gegeben. Über das Ende der Monarchie hinaus war er bis 1945 Sitz des Finanzministeriums.
Zu klein geworden, hatte der Nordflügel des Gebäudegevierts 1890 einen zweigeschossigen Anbau zur Hofseite erhalten, acht Jahre später folgte die Südseite. Die Erweiterungen erfolgten gegen den Widerstand des damaligen Oberbaudirektors Prof. Josef Durm (1837-1919), der sich der Qualität und Bedeutung des Werkes eines Amtsvorgängers bewusst war. Tatsächlich ging mit den Anbauten die Helligkeit der vornehmen Flure verloren.

In der Folge der Luftangriffe vom 27. September 1944 brannte das obere Stockwerk des Hauses aus. Dass man die historische Gestalt des Gebäudes bewahrte und es nicht abbrach, war ganz wesentlich Verdienst des badischen Baubeamten Karl Kölmel (1896-1979), der sich engagiert für den Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Gebäude einsetzte. Der 1951-52 durchgeführte Wiederaufbau füllte an den vier Gebäudecken den Raum zwischen den Zwerchgiebeln und schuf damit ein durchgehendes zweites Obergeschoss. Für die Maurer stellte die Nachbildung der zerstörten „Böhmischen Kappen“, jene 2,5 x 3 m messenden Gewölbe der Flure, eine handwerkliche Herausforderung dar. Man mauerte die Ziegel über Bohlenschalungen „auf Schwalbenschwanz“, so dass die Backsteinschichten segmentförmig aus den Ecken zur Gewölbemitte ansteigen. An die Zeit des Wiederaufbaus erinnert insbesondere das keramische Wandmosaik im zweiten Obergeschoss, das von der Hand des bekannten Karlsruher Künstlers Erwin Spuler (1906-1964) stammt und von der Kunstwissenschaft bisher nicht bemerkt wurde. Das in der Karlsruher Majolikamanufaktur gefertigte Bild thematisiert in bemerkenswerter Weise die Jahre des Neubeginns in Karlsruhe. Den Wiederaufbau der Stadt führt der Künstler symbolisch als große Liegende über der unschwer zu erkennenden Planstadt vor, die im optimistischen Widerspiel zu der dunklen Männergestalt der bitteren Vergangenheit steht.

Ein gebautes Manifest
Heinrich Hübsch schuf mit seiner Kanzlei eine elegante zweigeschossige Vierflügelanlage mit Walmdächern über trapezförmigem Grundriss. Der Gartenhof besaß einen zentralen Brunnen, einsehbar über die einst offenen Eingangshallen an der West- und Ostseite. Zum Schlossplatz hin erhielt der Bau neunzehn Arkaden, die vier Außenfassaden versah Hübsch mit dreigeschossigen Mittelbetonungen, um die Blockform gestalterisch aufzulockern. Alle Außenflächen gestaltete der Architekt aus unverputztem Ziegelmauerwerk und steinmetzmäßig bearbeiteten Sandsteinelementen. So wurde das konsequent materialsichtige Gebäude ein frühes Beispiel seiner Art – es war als bewusste Antithese zu den Putzbauten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts konzipiert. Um überhaupt wetterfeste Mauern gewährleisten zu können, stritt Hübsch mit den Ziegeleien der Region lange um besonders harte Brände. Auch in seinem Inneren ist der Verwaltungsbau von zweckmäßiger Noblesse: Repräsentative Treppenhäuser erschließen die klar gegliederten Räumlichkeiten mit überwölbten und mit schlichtem Sandstein ausgelegten Gängen.

Ursprünglich wurde der Bau durch warme Luft beheizt, die aus dreizehn Kelleröfen nach oben geleitet wurde. Alles im Gebäude war zweckmäßig gedacht und von feierlicher Nüchternheit. Hübsch verwirklichte hier in vielleicht reinster Form jene Maximen, die er in seiner berühmten architekturtheoretischen Schrift „In welchem Style sollen wir bauen?“ (1828) propagiert hatte.

Hübsch schuf später zahlreiche öffentliche Bauten im Großherzogtum, darunter das Hauptgebäude der Universität, das Hoftheater, die Gebäude im Botanischen Garten mit der Kunsthalle, das Bruchsaler Zuchthaus oder die Trinkhalle in Baden-Baden. Auch plante und baute er zahlreiche Gotteshäuser, darunter St. Cyriakus in Bulach und das berühmt gewordene Westwerk des Doms zu Speyer. Hübschs Architektursprache war durch ein neuartiges Streben nach ästhetischer Gesamtwirkung bestimmt: Dekorative Details sollten nicht hervorstechen, sondern der konstruktiven und baulichen Eigenart dienen. So entwickelte der Architekt seinen „Rundbogenstil“ in weitgehendem Verzicht auf historische Zitate, möglichst aus Funktionalität und Eigenart der Materialien. Er ließ sich jedoch von oberitalienischen Palazzi der Frührenaissance inspirieren und wandte sich von seinem Lehrer und Vorgänger Friedrich Weinbrenner ab, dessen Klassizismus er als rückständig und heidnisch empfand. In Weinheim aufgewachsen, hatte Hübsch 1825-1827 bei Weinbrenner studiert, unternahm Studienreisen nach Italien und Griechenland, um dann an der Städelschule in Frankfurt am Main zu lehren. Zurück in Karlsruhe wurde er Architekturprofessor am modernen Karlsruher Polytechnikum und stieg in der Bauverwaltung bald zum mächtigsten Baukünstler der Monarchie auf.

Text: Dr. Clemens Kieser, Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 26 – Denkmalpflege

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