Der Landgraben

Lameyplatz

Treffpunkt, Öffnungszeit und Führungen

Geöffnet 10 – 16 Uhr: Bildpräsentation, Führungen nach Bedarf (Günter Hörrle, Wolfgang Kappler, Harald Neu, Martin Palat, Victor Wollmann, Rolf Unger)

Der Karlsruher Landgraben ist das älteste und längste Bauwerk der Stadt Karlsruhe.

Landgraben am Lameyplatz
1588 war der Baubeginn des künstlichen Wasserlaufs „Landgraben“ unter Markgraf Ernst Friedrich vom Schloss Gottesaue bis zur Alb in Mühlburg. Der offene Landgraben diente zur Entwässerung der Niederungsgebiete zwischen Durlach und Ettlingen sowie zur Ableitung von  Albhochwässern. In der 1715 neu gegründeten Stadt Karlsruhe durchfloss der Landgraben als einziges Gewässer das entstehende Stadtgebiet von Osten nach Westen.1768 wurde der Landgraben nach Osten bis zur Pfinz verlängert durch den so genannten „Steinkanal“. Dieser Kanal diente zum Stein- und Holztransport aus dem Pfinztal und zur Hochwasserentlastung der Pfinz. Außer Fäkalien war den Bürgern erlaubt, alle anderen flüssigen Abgänge wie Küchen- und Badewasser in den Landgraben einzuleiten. Der Entwässerungskanal wurde zum Abwassergraben. Die Situation verschärfte sich, als 1794 der Markgraf einem Müller in Mühlburg die folgenschwere Konzession erteilte, am Landgraben eine Mühle zu errichten. Der ständige Stau von einem Meter Höhe brachte eine schnelle Verschlammung des Gewässers mit sich. Bei niedrigem Wasserstand gab es in den Sommermonaten erhebliche Geruchsbelästigungen. Bei hohem Wasserstand wurden die anliegenden Gebäude durch­nässt bzw. überschwemmt. Für die dringend erforderlichen Gewässer­reinigungen fehlte meist das Geld. 

Um das Jahr 1866 schilderte der Karlsruher Dichter Heinrich Vierordt die Zustände der Abwasserbeseitigung so: „Noch rann, trägflüssig und trübflutig, der übelduftende Landgraben unüberwölbt und überall sichtbar durch die Stadt. Sah man von der Straße hinab auf das schwärzliche unheimliche Gewässer, darauf zerfetzte Zeitungen, abgebrochene Besenstiele, tote Katzen und ähnlich stolze Geschwader dem Rhein zu gen Niederland trieben, mochte man bei­nahe wähnen, in das Tal des Styx hinunterzustarren ...“

Ein Gewölbe über dem Graben minderte die Belästigungen. Die Anwohner bezahlten die Bauarbeiten, erhielten dafür das Eigentumsrecht an der Grabenfläche und waren so den Gestank los. Bis 1877 wurden etwa vierzehn Kilo­meter Straßenkanäle, so genannte „Dohlen“ gebaut, die das Straßenwasser vom Stadtzentrum auf dem kürzesten Wege zum Landgraben abführten.

Der Landgraben: „Hauptader“ der Entsorgung 
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts bemühten sich Planer und Gutachter, für das Problem Landgraben eine Lösung zu finden. Auch Oberst Tulla beschäftigte sich damit. Die Realisierung scheiterte an der unumgänglichen Vertiefung der Entsorgungsader. Widerstand leisteten auch die anliegenden Hauseigentümer, die bei einer Vertiefung Gebäudeschäden erwarteten, sich aber auch gegen eine Vertiefung ihrer Hausfundamente wehrten. Ferner fehlte der Stadt das erforderliche Geld.         

Im Jahre 1877 erhielt Stadtbaumeister Hermann Schück vom Stadtrat der Residenz Karlsruhe den Auftrag, „unter Bewilligung der nötigen Mittel zur Vornahme von umfangreichen Vorarbeiten“ ein Kanalisationsprojekt  auszuarbeiten. Schück schlug vor, den Landgraben als Hauptsammelkanal auszubauen, die Sohle zu vertiefen und als Niederwasserrinne zu befestigen. 

Mit der Landgrabenkorrektur war der Grundstein für eine moderne Kanalisation gelegt. Ab dem Jahre 1883 wurde mit dem systematischen Ausbau des Kanalnetzes begonnen. Das alte „Dohlen“-System musste zum größten Teil aufgegeben werden, da es nicht in das geplante Kanalnetz passte.

Die Schücksche Lösung sah zunächst noch keine Fäkalienabschwemmung aus den Häusern vor. Es blieb beim Grubenbetrieb, da man die Einführung von Wasserklosetts für die arbeitende Bevölkerung für zu kostspielig hielt. Zum anderen scheute man sich, die Fäkalien direkt in die Flüsse einzuleiten. Dennoch beschwerten sich zum Beispiel Knielinger Waschfrauen über Fäkalien, die in der Alb vorbeischwammen.

Nachdem die Stadt die Wasserrechte von dem Müller am Landgraben für 70.000 Mark erworben hatte, konnte bis 1885 diese „Landgrabenkorrektion“ durchgeführt werden. So entstand mit einem Querschnitt von siebzehn Quadratmetern der zur damaligen Zeit zweitgrößte Abwassersammelkanal in Europa. Mit einer „Kahnpartie“ übergab Großherzog Friedrich I. das unterirdische Bauwerk seiner Bestimmung.

Nachdem sich aber die Einführung der wassergespülten Klosetts schneller durchsetzte als erwartet, genehmigte der Bürgerausschuss 1893 den Ausbau der Kanalisation für die Fäkalienabschwemmung. Vorgesehen wurde der Bau
- eines Vorflutkanals zum Rhein
- eines östlichen und westlichen Kanals zur Entlastung des Landgrabens
- eines Pfinzspülkanals vom Osten der Stadt bis zum Durlacher Tor
- eines mechanischen Siebwerkes am jetzigen Standort des Klärwerks.
Der gesamte Aufwand betrug 4,2 Millionen Mark.
Das Klärwerk nahm 1913 seinen Betrieb auf. Der Ausbau der Sammelkanäle wurde erst 1920 abgeschlossen.

Seit Oktober 2002 kann interessierten Besuchergruppen der Blick in die „Unterwelt“ gewährt werden. In einem unterirdischen, klimatisierten Besucherraum neben dem Landgrabeneinstieg am Lameyplatz wird durch Präsen­tationen ein Einblick in die Geschichte der Karlsruher Stadtentwässerung und des Landgrabens gegeben. Im Anschluss ist die Besichtigung des historischen Landgrabens über einen Besuchersteg direkt über dem Fließgerinne möglich.

Nächste Haltestelle
Karlsruhe Lameyplatz
Linie: S2, S5, Tram 5, 6

Nächster Parkplatz
Mühlburg Bahnhof
Entfernung: ca. 250 m Luftlinie

Anfahrt
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