Laubenganghaus von Walter Gropius in der Dammerstocksiedlung - Farbe außen und innen

Dammerstockstr 23

Das Laubenganghaus von Walter Gropius stellt das südlichste Gebäude der Dammerstocksiedlung dar und ist eines der typischen Bau- bzw. Wohnkonzepte des "Neuen Bauens".

Eigentümerin des Gebäudes ist die Baugenossenschaft HARDTWALD-SIEDLUNG Karlsruhe eG. Diese hat das Gebäude in den Jahren 2012-13 energetisch und denkmalgerecht saniert.

Laubenganghaus von Walter Gropius in der Dammerstocksiedlung

Das Gebäude wird über das mittig angeordnete Treppenhaus erschlossen und ist voll unterkellert. Als besondere Merkmale sind der kammartige Lau-bengang zu nennen sowie das erhabene (ehemals überformte) Vordach mit seiner Überkopfverglasung. Das „Laubenganghaus“ ist heute der viel-leicht wichtigste Bau in der Dammerstocksiedlung und steht als eingetra-genes besonderes Kulturdenkmal gemäß § 12 Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg unter Denkmalschutz.

Aufgrund der Vorgaben der Denkmalpflege wurde eine Wohnung der 32 gleichen Wohneinheiten in einen bauzeitlichen Zustand versetzt, was Oberflächen, Materialität und Farbigkeit anbetrifft. Des Weiteren konnten sämtliche noch vorhandenen Ausstattungen der Wohnungen wie Terrazzoböden, Estriche, Türen, Zargen und Küchen an Ort und Stelle erhalten werden. Die fehlenden Welldrahtfüllungen im Laubengang ließen sich einfach rekonstruieren, da die Tragkonstruktion noch vorhanden war.

An neuen Zutaten erfolgte eine Generalsanierung der Haustechnik (wegen Mängeln in der Wasserhygiene) unter Erhalt historischer Heizkörper sowie eine Vollmodernisierung sämtlicher Bäder – mit einer Ausnahme: Eine Wohnung im 3. Obergeschoß wurde als Referenzwohnung komplett nach historischen Vorgaben wiederhergestellt. Die technischen Neuerungen konnten hier aufgrund der Lage im obersten Geschoß „im Verborgenen“ durchgeführt werden.

Diese Referenzwohnung befand sich in einem „sehr originalen“ Zustand: So waren hier noch sämtliche Innentüren an Ort und Stelle vorhanden  mitsamt der bauzeitlichen Türblätter und der originalen „Bauhaus-Klinke“. Des Weiteren waren die beiden Heizkörper im Wohnzimmer und im Bad noch bauzeitlich (National Radiatoren / Modell „Classik“) und befanden sich an ihren ursprünglichen Standorten. Die Terrazzoböden wurden ebenso erhalten wie Reste des bauzeitlichen Linoleum-Bodenbelages. Selbst die bauzeitlichen Lüftungsgitter der Schwerkraft-Lüftung („Kölner Lüftung“) befinden sich noch an Ort und Stelle. Es war also technisch wie praktisch möglich, diese Wohnung im Zuge der geplanten energetischen und denkmalgerechten Sanierung in einen bauzeitlichen Zustand zu versetzen, ohne Kompromisse bei der Strangsanierung eingehen zu müssen.

Diese Referenzwohnung soll entweder dem Gedanken eines Boarding-Hauses folgend den Mitbewohnern zur temporären Anmietung angeboten werden oder aber bevorzugt an einen Liebhaber der Bauzeit vermietet werden.

Grundriss / Orientierung
Der Grundriss zeigt eine klare Zonierung: Neben-/Nassräume sowie den Laubengang im Osten und Aufenthaltsräume mit Balkon im Westen. Entgegen den Vorgaben des „Neuen Bauens“, wie sie u. a. Otto Haesler formulierte, konnte der Schlafraum aufgrund der schmalen Grundrissorganisation nicht nach Osten ausgerichtet werden.

Die Wohnung war für zweieinhalb (max. 3,5) Personen gedacht.

Sie war zur Bauausstellung 1929 mit Möbeln ausgestattet – die Einbauten in Küche und Bad wurden fest installiert (Einbaumöbel). Die Küche war in allen 3 Gropius-Bauten gleich und in „sparsamer Anlehnung“ an die Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky aufgebaut.

Farbigkeit / Farbkonzept
Leider sind keine oder nur sehr wenig aussagekräftige Bilder von der Far-bigkeit des Laubenganghauses erhalten. Es gibt auch nur einige wenige Textstellen, die auf die Ausstattung hinweisen. So wird im zeitgenössischen Ausstellungskatalog nur der Bodenbelag beschrieben: „Linoleum auf Steinholzestrich“. Unterschiedliche bauzeitliche Reste des braunen Linoleums wurden tatsächlich aufgefunden, er wurde auch an den Küchenmöbeln (Sockel und Arbeitsflächen) verwendet.

Weitere Befunderhebungen bestätigen die zeitgenössischen Beschreibungen:
Während die Wände des Wohnraums in hellgelb (ähnlich RAL 1002) angelegt waren, war das Schlafzimmer in einem mittelgraublau (RAL 7032) getüncht.

In der Küche wurden hellgraue Anstriche (RAL 9002) vorgefunden. Die Wände des Windfanges waren raumhoch mit einem sehr kräftigen Dunkelblau (Vollton, ähnlich RAL 5000) beschichtet. Die Stahlzargen waren einheitlich grau lackiert (RAL 7030), die Türblätter mittelgrau (RAL 7044). Der Boden besteht aus einem Holzzementestrich, der im Wohnzimmer stellenweise geschliffen und poliert aufgefunden wurde – dies wohl als Versuch, den Estrich zu schleifen, um den Bodenbelag einzusparen. Unter der Tür zwischen Wohn- und Schlafraum wurde ein 4cm-Streifen des originalen Linoleums vorgefunden – dieser in einem kräftigen Schoko-ladenbraun. Derselbe Linoleum  wurde auch auf der Arbeitsplatte eines Küchenschrankes (Entwurf Gropius zugeschrieben) verbaut.
 
Eine restauratorische Befunduntersuchung wurde im Oktober 2011 von den Restauratoren Boeke & Fritz (Schloss Bauschlott) durchgeführt. Diese wurde im weiteren Baufortschritt noch vertieft und punktuell nachgearbeitet.

Aus den bauzeitlichen Beschreibungen und den restauratorischen Befunden ließ sich vom Architekten ein in sich stimmiges Farbkonzept erarbeiten:
Die Raufasertapeten wurden entfernt, Wände und Decken wurden gemäß Befund gestrichen, die Böden (Linoleum) wurden in den Farben gemäß der Befundlage mit Linoleum belegt. Eine Ausnahme bildet nur das Wohnzimmer: Dieses wurde unter Berücksichtigung der zeitgenössischen  Kritik mit einem weißen Linoleum belegt. Der aufgefundene braune Linoleum mit „Bierstrich“ wurde erhalten und reversibel überdeckt.

Auch die Außenerscheinung des Gebäudes weicht unerwartet stark von den übergeordneten Vorgaben ab: Gemäß „bauzeitlicher Doktrin“ waren lediglich "weisse Putze, graue Sockel und Fenster, einheitliche Fensterformate, und glatte Türblätter in Stahlzargen“ zulässig.

Dem widerspricht jedoch die „muntere Farbigkeit“ der Befunde: Demnach waren die Rückwände der Loggien in einem hellen Ockerton angelegt, die Böden waren ockerfarben beschichtet, die Eingangstüre war komplett in einem kräftigen Rotorange gehalten, die Stirnseiten des Treppenhauses waren innen im selben Rotorange gefasst und die Geländer in Rot mit einem schwarzen Handlauf. Diese bauzeitliche Farbigkeit konnte, sofern sie durch Befunde bestätigt werden konnte, komplett wiederhergestellt werden.

 

Text: Georg Matzka

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