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Denkmaltag 2011 / Industrie und Technik

Rheinhafen Karlsruhe

Mühlburg, Werftstraße. 1a, 2, 3, 7, 9

Der Karlsruher Rheinhafen ist einer der größten Binnenhäfen Europas. Seine historischen Gebäude am Hafenbecken 1 stehen seit 2000 aus „wissenschaftlichen, insbesondere verkehrs- und technikgeschichtlichen sowie aus heimatgeschichtlichen Gründen“ als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz. Hier ist der Wechsel der Baustile vom Historismus über den Funktionalismus bis in die heutige Zeit und damit das sukzessive Wachsen des Hafens deutlich ablesbar.

Zur Geschichte:

Durch die Eröffnung des Rheinhafens vollzog sich der Wandel Karlsruhes von der provinziellen Beamtenstadt zum wichtigen Industriestandort im Südwesten. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden alle schwereren Lasten für Karlsruhe, wie beispielsweise Holz, über die Pfinz in die Stadt gebracht. Damals richtete die Bürgerschaft Karlsruhes die Bitte an Großherzog Karl Friedrich, die Stadt durch einen Kanal mit dem Rhein zu verbinden.

Stadtbaumeister Friedrich Weinbrenner und Ingenieur und Rheinkorrektor Johann Gottfried Tulla bekamen daraufhin den Auftrag, sich mit dem Projekt zu befassen. Weinbrenner legte verschiedene Varianten vor. Ein erster Plan von 1809 sieht ein Hafenbecken am Schnittpunkt des Kanals mit der verlängerten Karlstraße vor, 1812 möchte er in einem weiteren Projekt den Hafen mit einem neuen Marktplatz vor dem Ettlinger Tor entstehen lassen. Doch diese Projekte scheiterten aus Kostengründen. Bei diesen Planungen hätten acht bis neun Staustufen vom Rhein bis zum Hafen umgesetzt werden müssen.

Erst 1901 konnten am heutigen Standort zwei Hafenbecken und ein kleines Ölbecken in Betrieb genommen werden. Die Eröffnung des Hafens war wiederum an ein anderes wichtiges Bauprojekt gekoppelt. Erst als das städtische Elektrizitätskraftwerk im Hafen in Betrieb ging, war auch der Weg für die Schifffahrt offen. Das Elektrizitätskraftwerk versorgte die Hafenanlage und die Gebäude zentral mit Strom. Das war in Karlsruhe damals ein Novum. Sonst wurde Strom lokal in einer kleinen Anlage erzeugt. Diese zentrale Stromversorgung machte den Hafen auch für produzierende Betriebe attraktiv. Dazu kam die Bahn- und Straßenbahnanbindung zur Eröffnung des Hafens.

Der Hafen verfügte bereits zum Eröffnungsfest über den Dampfschlepper „Fidelitas“ sowie über ein 2PS-Boot mit 10 Sitzplätzen für Hafenrundfahrten. Die Einweihung des Hafens wurde feierlich anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums des Großherzogs begangen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1957 wurden in Neureut die Raffinerien und der Ölhafen gebaut. Neben Esso siedelt sich auch Dea-Scholven an, die 1996 zu einem Betrieb fusionieren. Damit erreicht der Rheinhafen seine heutige Größe und steigerte seinen Umschlag auf heutiges Niveau.

Nach dem Jahrhunderthochwasser 1983 wurde der Bau eines Hochwassersperrtors in Angriff genommen und bis 1987 fertig gestellt. In den Folgejahren ist vor allem der Bau der Ro-Ro-Container-Verladestation erwähnenswert.

Gebäude (Auswahl):

Verwaltungs- und Dienstwohngebäude (1899 - 1901)

Architekt: August Stürzenacker

Dieses Büro- und Wohnhaus des Hafendirektors und seiner Angestellten fällt durch das vielgliedrige Erscheinungsbild mit angefügten Treppenhäusern, Erkern, Giebeln etc. auf. Unterstützt durch den Stilmix aus romanischen, gotischen, Renaissance- und Jugendstil-Elementen entsteht der Eindruck eines über die Jahre gewachsenen Gebäudes. Dennoch wird der repräsentative Charakter im Typus von gründerzeitlichen Fabrikantenvillen betont. 

Text: Nina Rind, ArtRegioTours

Werfthalle I (1900 - 1901)

Architekt: August Stürzenacker

Die gesamte Gliederung des Gebäudes ist seiner Funktion entsprechend schlicht. Nur die östliche Fassade, zur Stadt gerichtet, ist durch das Granit-Portal und die Säulen in den Fenstern aufwendiger gestaltet. Die Gebäudeecken waren jedoch nicht nur wie heute durch Blendarkaden und Ornamentfries hervorgehoben, sondern ursprünglich befand sich auf jeder Ecke ein kleines Pyramidendach. Auf der Ostseite waren Zoll- und städtische Verwaltungsräume und im Westen die Lager- und Umschlagräume untergebracht sowie die Geschäftszimmer der Eisenbahn und Privatgesellschaften. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hafenseitig die Betonpfeiler für die Kranschiene angefügt.

Getreidelagerhaus (1901 - 1903)

Architekt: Hermann Walder (auch Moninger Brauhaus, Kriegsstraße 210, 212)

Das Getreidelagerhaus besteht aus zwei Teilen: im Osten befindet sich der Schüttboden mit variablen Wänden zur Parzelleneinteilung und im Westen das Silo. Mittig liegt das neungeschossige Maschinenhaus mit Treppenhaus. Östlich vorgelagert findet sich das Verwaltungsgebäude. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Siloteil nach oben hin erweitert, damit ist das Gebäude heute nicht mehr symmetrisch.

Werfthalle III (1911/12)

Ernst Henrich (städtischer Architekt)

Ursprünglich wurde dieser eher schlichte, dreigeschossige Sandsteinbau an der östlichen Seite jeweils nördlich und südlich von einem Mansardengiebel überragt. Dadurch waren die stirnseitigen Verwaltungsräume gegenüber den Lagerabteilungen optisch hervorgehoben.

Kathreiner Malzkaffee-Fabrik (1912/1913)

Alfred Plöttner (Mannheimer Architekt)

Ende des 19. Jahrhunderts durch die Lehre von Pfarrer Sebastian Kneipp inspiriert, entwickelte der kleine Münchner Lebensmittelbetrieb Franz Kathreiner das beliebte Volksgetränk. Die Gebäudekonzeption war in allen Kathreinerfabriken ähnlich: mehrere Flügelbau-ten mit mindestens vier Geschossen, da der Produk-tionsablauf die architektonische Gestalt mitbestimmte. Der gegenüberliegende Getreidespeicher war sehr zweckmäßig. Es bestand zwischen beiden Gebäuden bis in die 1960er Jahre eine Saug- und Druckförder-anlage, von der heute noch ein Rohr an dem Getreidespeicher zeugt. Die Fabrik wurde nach dem Krieg bis 1992 stark umgebaut und von Nestlé aufgekauft. Bis 2001 wurde hier noch fabriziert, heute beherbergt das zum größten Teil abgebrochene Gebäude verschiedene Verwaltungsbüros.

Text: Nina Rind, ArtRegioTours



Becken II, um 1910