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Denkmaltag 2011 / Sakralbauten und Friedhöfe

Kapelle auf dem Alten Friedhof

Oststadt, Waldhornstraße 61 / Ecke Kapellenstraße

Bereits 1835 war der Plan für eine Friedhofskapelle fertiggestellt, die das alte Bethaus ersetzen sollte. Die Kapelle sollte über 16 Grabgruften errichtet werden. 1837 erbaute Baurat Friedrich Eisenlohr die um eine Apsis mit der 17. Gruft und ein Glockentürmchen erweiterte Kapelle.

Die aus Rotsandstein gemauerte Kapelle war in der Nähe des Haupteingangs an der Waldhornstraße errichtet worden. Die Mittel zum Bau hatte die 1834 verstorbene Hofmetzgers-Witwe Regine Reuter gestiftet. Ihr Grabmal findet sich über der Gruft rechts neben dem Haupteingang der Kirche (hinter dem Schaukasten). Geweiht wurde die Kapelle 1842. Nach der Leichenordnung von 1848 war die Friedhofs-kapelle „der Ort, wo die Beerdigungen, die Leichen-reden, soweit sie stattfinden, gehalten werden.“ Da die Kirche Einwohnern von Klein-Karlsruhe (Dörfle) auch als Gottesdienstraum diente, durften in die Kapelle keine Särge gebracht werden.

Unter der Kapelle befinden sich 17 Grüfte. Der Zugang zu den Grüften erfolgte von außen. Über den heute verschlossenen Zugängen befinden sich die Grabplatten mit Namen und Todesjahr der Bestatteten. Unter der Apsis liegt Staatsrat Winter bestattet. Sein Denkmal befindet sich beim Albtalbahnhof. Außerdem sind unter der Kapelle die Eltern Viktors von Scheffel und Weltzien bestattet.

Als der Friedhof geschlossen werden sollte, beantragte die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Karlsruhe die Überlassung der Kapelle zur Abhaltung ihrer Gottesdienste. Am 9. März 1882 überließ die Stadt der Gemeinde die Kirche mietfrei, mit der Auflage, sie nach Anweisung des Bauamtes zu unterhalten und das Inventar zu stellen.

Am 24. April 1944 wurde die Kapelle bis auf die Umfassungsmauern zerstört. Erst 1947 säuberte man die Kirche vom Schutt und vermauerte die Eingangstür. Am 10. Mai 1948 schlug die US-Besatzungsmacht vor, die Kapelle zur Nutzung als US-Garnisionskirche wieder aufzubauen. Das Material wollten die Amerikaner liefern, die Arbeits-kräfte sollte die Stadt Karlsruhe zur Verfügung stellen. So fand die Wiedereinweihung als US-Garnisionskirche am 17. Oktober 1948 statt. Zu vereinbarten Zeiten durften auch die evangelisch-lutherische Gemeinde und die katholische Gemein-de, aber auch die evangelische und katholische Studentengemeinde ihre Gottesdienste in der Kirche abhalten.

Ab 8. März 1953 benötigten die Amerikaner die Kirche nicht mehr. Am 1. Juli 1953 übertrug die Stadt der evangelisch-lutherischen Gemeinde das Nutzungsrecht der Kirche.

Die Gemeinde richtete sich die Kirche für ihre Zwecke her und ließ eine neue Orgel des Orgel-bauers Weissenborn aus Braunschweig einbauen. 1964 wurde die Kirche noch einmal gründlich innen renoviert. Heizung, Fußboden und Wasserversorgung wurden modernisiert. Das neue Altarkreuz von Prof. Emil Sutor wurde zum inhaltlichen Mittelpunkt des Gebäudes.

2006 kam es zu einer unvorhergesehenen großen Renovierung  am Äußeren des Gebäudes. Im Zuge kleinerer Ausbesserungsarbeiten zeigten sich immer neue Schäden. Anfang 2007 wurde das Türmchen restauriert. Es folgte der Austausch vieler schadhafter Sandsteinquader im Mauerwerk; zur Ausführung dieser Arbeiten musste der üppige Weinbewuchs der Kirche entfernt werden. Kurz vor Abschluss der Arbeiten 2008 stellte sich heraus, dass der Dachstuhl des Gebäudes schadhaft ist, wodurch Risse im Gewölbe entstanden. Sachverständige Denkmalpfleger waren sich sicher, dass der Dachstuhl – trotz der erwähnten Kriegsschäden – noch weitgehend aus der Erbauungszeit stammte. Diese Tatsache stellte die Dachstuhlsanierung vor immer neue Probleme, da der Dachstuhl erhalten und gleichzeitig ertüchtigt werden sollte, was jedoch letztlich leider nicht gelang. Der bauzeitliche Dachstuhl aus Holz wurde 2008 abgebrochen und durch eine Stahlkonstruktion ersetzt.

Nachdem unter der Empore eine Toilette eingebaut und durch eine Spindeltreppe im Kirchenraum ein neuer Aufgang zur Orgel geschaffen worden war, malte Restaurator Horst Leyendecker die Kirche aus. Angeregt durch die hier abgedruckten alten Postkarten und ergänzt durch die Erfahrungen, die er bei der Restaurierung anderer Eisenlohr-Kirchen gesammelt hatte, gestaltete er die Fensterlaibungen, Pfeiler, Gewölberippen und Gewölbeflächen. Es war ihm wichtig, das Dunkle, Bedrückende der ehemaligen Friedhofskapelle in eine helle, nach oben zum Himmel geöffnete Gemeindekirche zu wandeln. Dabei hatte er vor allem die von Friedrich  Eisenlohr entworfene Stadtkirche von Baden-Baden, die er vor Jahren restauriert und ausgemalt hat, zum Vorbild. Die Fensterlaibungen sind mit Ornamenten ausgemalt, die von hinten nach vorn Motive aus dem Mikrokosmos bis hin zum Makrokosmos zeigen.

Literatur:

Karl Zahn: Gräber, Grüfte, Trauerstätten – Der Karlsruher Hauptfriedhof, Karlsruhe 2001

 

Text: Pfarrer Christian Bereuther, Evangelisch-Lutherische Gemeinde Karlsruhe, www.lutherisch-karlsruhe.de



Postkarte von 1900 (Privatbesitz)

Gruftenplan, Friedhofs- und Bestattungsamt, Gruftenbuch 1817-1876

Postkarte von 1900 (Privatbesitz)

Der Chorraum bei der Wiederein-weihung im Januar 2010 (Privat)