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Denkmaltag 2011 / Schlösser und Burgen

Kleine Fluchten - große Fluchten... - einmal rund ums halbe Schloss - Großherzog Friedrich II

Innenstadt-Ost, Schloss Karlsruhe, Badisches Landesmuseum, Schlossbezirk 1

Friedrich II war nicht der einzige Großherzog, der vor seinem Volk flüchtete. 69 Jahre vor ihm hatte auch schon Großherzog Leopold mit seiner Familie das Schloss verlassen. Vorausgegangen war die Revolution von 1848/1849, die sich in Baden in besonderer Weise Bahn brach.

Als sich 1849 Teile des hiesigen Militärs mit den von außen unterstützten Aufständischen solidarisierten, ergriff Großherzog Leopold die Flucht. Zwecks Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Stadt sowie zum Schutz des fürstlichen Hofes war auf Anregung der Regierung bereits 1848 eine sog. "Bürgerwehr" gegründet worden. Diese verteidigte in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai erfolgreich das Zeughaus, wo sich die Revolutionäre mit Waffen eindecken wollten.

Während des Schusswechsels an der heutigen Kaiserstraße in der Nähe des Durlacher Tores versuchte die großherzogliche Familie, mit dem Zug nach Frankfurt zu fliehen. Dafür wurde eine Lokomotive mit Salonwagen beim Schloss Gottesaue bereitgestellt, um die gesamte Familie aufzunehmen. Als sich die Kutschen Richtung Durlacher Allee in Bewegung setzten, kam ihnen im Fasanengarten eine Abordnung der Bürgerwehr mit der Nachricht entgegen, dass die Revolutionäre die Bahnanlagen bewachten.

Die Fahrt mit der Eisenbahn war also nicht möglich. So machten die Kutschen kehrt und nahmen den sichersten Weg aus Karlsruhe heraus, vom Schloss aus direkt nach Norden durch den Hardtwald, und erreichten am nächsten Tag die Bundesfestung Germersheim auf der anderen Rheinseite (damals zu Bayern gehörend). Von dort ging es über Lauterburg und Mainz nach Koblenz.

Führerlos ohne den Großherzog hatte der Karlsruher Stadtrat beschlossen, die Stadt den revolutionären Soldaten zu übergeben. Die Stimmung in der Bevölkerung war nun monatelang erfüllt von politischen Diskussionen und Zusammenkünften, angeheizt durch Freiheitsparolen und kursierende revolutionäre Flugschriften.

Großherzog Leopold ließ so schnell er konnte der ersten Republik eines freien, demokratischen Deutschlands mit militärischer Hilfe von Preußen ein Ende setzen. Die 25.000 badischen Freiheitskämpfer hatten gegen die gut bewaffnete Armee aus 34.000 preußischen Soldaten und 18.000 Mann Reichstruppen keine Chance. Der preußische Oberbefehlshaber Prinz Wilhelm geleitete Leopold aus seinem Exil in Koblenz (damals zu Preußen gehörend) wieder zurück nach Karlsruhe.

Das Scheitern der Revolution hatte zahlreiche Strafprozesse und Strafurteile zur Folge: Über 15.000 Verfahren gegen Soldaten, Bürger, Lehrer, Beamte führten zu Entlassungen, Haft oder Geldstrafen. 51 Todesurteile wurden gefällt, von denen 27 vollstreckt wurden. Viele der verurteilten Freiheitskämpfer wurden standrechtlich erschossen; andere Revolutionäre zu Zuchthausstrafen verurteilt, Hunderte starben in der Haft. Am schlimmsten empfand die Bevölkerung die preußische Besatzung, die bis 1852 im Land blieb.

Text: Michael Schwendl, stattreisen Karlsruhe e.V.

Otto Hör: Großherzog Friedrich II, Öl auf Leinwand, Anfang 20. Jh.

Großherzogin Sophie und Großherzog Leopold mit den Kindern, Lithografie, 19. Jh.

G. Dörrwächter: Einzug Leopolds mit der Großherzoglichen Familie in Karlsruhe am 18. August 1849, kolorierte Zeichnung