Augustenberg - Historische Gebäude, historisch Farben - Farbe im alten Laborgebäude und im ehemaligen Schulhause

Neßlerstr 23

Als Augustenberg wird heute die Buntsandsteinterrasse zwischen der B10 im Norden und Neßler- und Staigstraße im Süden bezeichnet. Der Name geht auf  Markgräfin Augusta Maria (1649 – 1728) zurück – bei ihrer Hochzeit im Jahre 1678 hatte ihr Gemahl, Markgraf Friedrich Magnus (1647 – 1709), ihr das Anwesen geschenkt. Zu dem Schloss, dessen Erweiterung die Markgräfin vorantrieb, gehörten damals 26 Morgen Weingärten, ein Meierhof und ein Stück Rain, ein Geschenk der Grötzinger Bürger.

Der Augustenberg und sein Werdegang vom markgräflichen Gutshof zum landwirtschaftlichen Technologiezentrum

Im Gegensatz zu fast allen anderen Schlössern Badens überstand die „Augustenburg“ die Brandschatzungen der Truppen Ludwigs XIV., wohl aufgrund ihres Aussehens einer Baustelle. Nach dem Tode ihres Gatten wohnte Augusta Maria noch fast zwei Jahrzehnte in dem Schloss, bis sie 1728 selbst verschied.

Danach wurde das Anwesen der Gutsverwaltung Gottesaue zugeteilt. Als fürstliches Kammergut gehörten zur Domäne neben dem Schloss noch weitere Gebäude, umgeben von Hof- und Küchengarten, sowie Weingärten mit einer Kelter. Eine Kastanienallee diente dem Verkehr von Kutschen und Fuhrwerken. Rebflächen, Äcker und Wiesen hatten damals eine Größe von 28 Morgen (ca. 10 ha).

Intensiv kümmerte sich Markgraf Karl Friedrich (1738 – 1811) um das Gut. Zum Ausgleich von Frostschäden ließ er mehr Frucht anbauen und Weingärten neu anlegen. Im Jahre 1766 wurde der Hang gegen Grötzingen mit Esskastanien bepflanzt, was dem Augustenberg den Beinamen „Keschdebuggl“ (=Kastanienberg) verlieh.  Doch die Napoleonischen Kriege mit ihrer hohen Bringschuld mögen dazu beigetragen haben, dass Markgraf Karl Friedrich, nunmehr Großherzog, Schloss und Gut in hohem Alter verkaufte.

Letzteres wurde 1807 Eigentum von Hoffaktor Elkan Reutlinger. Zwanzig Jahre später, als dessen Witwe das äußerst vernachlässigte Gut erneut feilbot, erwarben es die beiden Söhne Karl Friedrichs, die Markgrafen Wilhelm und Max. Markgraf Wilhelm (1792 – 1859) rettete das Gut nicht nur vor dem Untergang, sondern förderte, den Bedürfnissen der Zeit entsprechend, die Modernisierung der Landwirtschaft durch ausgeklügelte Fruchtwechsel und den Einbezug neuer Kulturen und Geräte. Als besondere Neuheit galt die siebenschlägige Fruchtwechselwirtschaft unter Wegfall der Brache ab den 1830er Jahren.  Lange Zeit wurden die Versuchsanlagen durch Freiherr  von Ellrichshausen, damals Leiter der land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt Hohenheim,  geplant und betreut. Der Augustenberg war zum landwirtschaftlichen Mustergut geworden.

War beim Ankauf lediglich ein Keltergebäude vorhanden, so wurden in rascher Folge 1830 eine Scheune mit Rindviehstall und Keller und 1832 ein einstöckiges „Ökonomiegebäude“ errichtet, bald danach wurden beide Gebäude zu einem Hakenhof miteinander verbunden und wenige Jahre später aufgestockt. Bis 1828 hatte man zur Sicherung der Wasserversorgung einen Sodbrunnen durch harten Plattensandstein getrieben, um das Gut aus 30 m Tiefe mittels eines Pferdegöpels mit Wasser zu versorgen.  Die alte Rainmauer wurde ausgebessert und mit einer Erinnerungstafel versehen. Das Keltergebäude erhielt eine Wohnung für den Aufseher. Außer Zugochsen wurden zu jener Zeit auf dem Augustenberg fast ausnahmslos Milchkühe gehalten, wohl mit Blick auf die nahegelegenen Städte Durlach und Karlsruhe, wo Milchprodukte vorteilhaft abzusetzen waren.  
Das besondere Augenmerk des Markgrafen galt dem Obstbau, denn hierfür bot der Augustenberg hervorragende  Standorteigenschaften. Der Weinbau hingegen wurde zunehmend auf die neu ersteigerten Flächen am Südwesthang des Turmbergs verlagert, während auf Augustenberg  die vielen Hudlerreben, als „Weinverderber“ verrufen, entfernt und durch wenige Muskateller-, Gutedel-, Schwarzriesling-, Weißburgunder- und Portugieserreben ersetzt wurden. Um das Jahr 1835 bestand das Gut aus 50 Morgen (18 ha) Acker, Wiesen, Wald und Gartenland. An Bäumen waren vorhanden: 2.253 Obstbäume, 257 Kastanien, 82 Maulbeerbäume. Die Viehhaltung umfasste 6 Kühe, 5 Kälber, 4 Farren (Stiere) und 2 Paar Ochsen.

Durch den Erwerb der sogenannten „Außenschläge“ am Rande der Rheinebene war das Gut 1857 auf 73 Morgen  (ca. 26 ha) angewachsen und kam nach dem Tode des Markgrafen Wilhelm in den Besitz seiner Tochter Elisabeth. Diese verpachtete es zuletzt an den Ökonomen Ludwig Kühn, der später nach dem Gut Werrabronn übersiedelte. Um eine sachkundige Bewirtschaftung weiterhin zu gewährleisten,  entschloss sich die Markgräfin im Jahre 1890 zur Veräußerung des inzwischen 120 Morgen (ca. 43 ha) großen Gutes  an den Badischen Staat.

In den Jahren 1893/94 wurde auf der Hochfläche des Augustenbergs ein repräsentatives Schulgebäude im Stil des Historismus errichtet. Bereits 1894 zog die 1864 in Karlsruhe gegründete Großherzogliche Obstbauschule mit Landwirtschaftlicher Winterschule auf den Augustenberg. Den Bedarf an Brauch-, Trink- und Löschwasser deckte von nun an ein Leitungssystem, das aus einem Pumpenhäuschen am Nordfuße des Augustenberges gespeist wurde. Die Schule, seit 1950 dem Landwirtschaftsamt zugeordnet, führte bis 1970 den Namen Landwirtschaftsschule und wurde dann in „Staatliche Fachschule für Landwirtschaft“ umbenannt. Sie war in die Abteilungen Landbau und Hauswirtschaft untergliedert. 1954 war der eingeschossige Zweckbau einer Haushaltungsschule für Mädchen hinzugekommen, die später den Status eines Ernährungszentrums erhielt.  Nach der Fusion der Landwirtschaftsämter Augustenberg und Bruchsal im Jahre 1997 wurden beide Gebäude neuen Zweckbestimmungen zugeführt.

Im Jahre 1901 wurde auch die 1859 in Karlsruhe gegründete Staatliche Landwirtschaftliche Versuchsanstalt zum Gut Augustenberg verlegt. Die Versuchsanstalt war zunächst behelfsmäßig in den völlig unzureichenden Räumen des „Schlösschens“ (Kavaliersbau) untergebracht, das zu Zeiten des Markgrafen Wilhelm auf dem Fundament eines älteren „Lusthauses“ errichtet worden war. Das erste, 1576 erbaute Lusthaus war 1749 wegen Baufälligkeit abgebrochen worden.  Im Jahre 1907 zog die Staatliche Landwirtschaftliche Versuchsanstalt in den westlich der Landwirtschaftsschule erstellten Laborbau, in der Formensprache der Deutschen Renaissance geplant von Ludwig Levy. Das „Schlösschen“ diente danach den Obstbauinspektoren als Zuhause.

Der Augustenberg heute

Heute befindet sich auf dem Augustenberg das im Jahr 2007 durch eine Fusion gegründete Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg, mit Außenstellen in Rheinstetten-Forchheim, Stuttgart, Müllheim und Donaueschingen. Auf dem Obstbaulehr- und Versuchsbetrieb des Augustenbergs stehen auf etwa 15 ha Fläche rund 20.000 Bäume von über 20 Obstarten und etwa 500 Sorten, daneben umrahmen wertvolle Ziergehölze die Gebäude.

 

Denkmale und Farben des Augustenbergs

In chronologischer Reihenfolge verfügt das Gelände des Augustenbergs über folgende sechs Kulturdenkmale:
- Das „Schlösschen“ (Kavaliersbau) aus dem Jahre 1827
- Den Stockbrunnen von 1828, in 7m Entfernung vom alten Brunnenschacht gelegen, bezeichnet "Wilhelm Marg. Baden 1828 /Erneuert 1851" (ein Kleindenkmal)
- Das Ökonomiegebäude aus dem Jahre 1830 mit späteren Erweiterungen bis 1837 (heute Obsthof)
- Das Pumpenhäuschen aus dem Jahre 1893
- Das Schulgebäude, errichtet  1893/94, heute Zentralverwaltung des LTZ
- Den Laborbau im Stil der Neorenaissance, fertiggestellt 1907.

An den altehrwürdigen Gemäuern des Augustenbergs fanden Künstler immer wieder Gefallen, und für Friedrich Kallmorgen mögen seine Aufenthalte im „Schlösschen“ der Anlass gewesen sein, in Grötzingen ein Haus zu bauen, welches zur Wiege einer Malerkolonie wurde. Insbesondere im Ostteil des Geländes schmücken sich die exotischen Bäume mit prächtigen Farben, die auch heute noch Landschaftsmaler inspirieren.

Die ureigenen Farben des Augustenbergs aber sind die badischen selbst: es sind das Gelb und das Rot des Gesteins, von der Vegetation diskret verhüllt, Farben, die sich uns oberflächlich nur dort offenbaren, wo sich Baumeister ihrer Wirkung bedienen. So verweist die Röt-Formation des oberen Buntsandsteins, der die Augustenberg-Terrasse bildet, schon durch den Namen auf ihre Färbung. Gelber Löss bedeckt den Plattensandstein in weiten Bereichen, im vegetationsarmen Umfeld der Nacheiszeit hat ihn der Wind hierher geweht.

Vergleichen wir die beiden markantesten Gebäude, das alte Schulgebäude und den Laborbau miteinander, so verblüffen uns bei einem Altersunterschied von nur einem Jahrzehnt nicht nur die Unterschiede im Baustil, sondern auch die Wahl völlig verschiedenen Baumaterials, die beide Gebäude in verschiedenen Farben erscheinen lassen. Durch die Verwendung Sulzfelder Schilfsandsteins präsentieren sich das Erdgeschoss der Hauptfassade und diverse Steinmetzarbeiten des Schulgebäudes in Gelb – aus roten Klinkern ist das Obergeschoss gemauert. Der Laborbau hingegen zeigt sich im einfarbigen Rot des Bausandsteins, wie wir ihn von den Schöllbronner Steinbrüchen her kennen. Anstelle des Spiels mit der Farbe setzte der Architekt hier auf raffinierte Formen, auch in Gestalt von Maskaronen.

Im Zuge der Umnutzung diverser Räumlichkeiten wurden vor wenigen Jahren in beiden Gebäuden die Innenräume renoviert. Die Maßnahmen erfolgten nach denkmalpflegerischen Richtlinien. So erhielten die Fensterrahmen des  Schulgebäudes wieder ihr ursprüngliches Dunkelbraun (im Kellergeschoss gab es noch einen letzten Zeugen aus der Bauzeit: ein Fenster in Achterteilung mit dunklem Rahmen). Die Wände der Flure und Treppenhäuser wurden mit einem Ocker versehen, das mit der Farbe des Schilfsandsteins hervorragend harmoniert. Ähnliche Farben hatte ursprünglich auch das Treppenhaus des Laborgebäudes. Die hellbraunen Wandflächen des Sockelbereiches waren gelblich bis rotbraun gefasst, die oberen Partien waren hellgelb. Später wurde darauf mit Schablone ein Ornamentband aufgetragen, das bei restauratorischen Befunduntersuchungen ebenfalls wieder zu Tage trat. Auch hier achtete man von Anfang an auf eine harmonische Farbgebung. So präsentiert sich das musivische Pflaster des Treppenhauses eben nicht in den Farben Schwarz-Weiß, sondern Schwarz-Dunkelrot, entsprechend den verwendeten Sandsteinen des Mauerwerks.

Text: Dr. Bernd Gölz, M.A.

Literatur:
Gölz, Bernd: Auf dem Augustenberg: Der Laborbau und sein Architekt. In. Blick in die Geschichte Nr. 91, Beilage zum Kurier, Karlsruhe vom 24. 6. 2011

Gölz, Bernd: Der Augustenberg – Die bewegte Geschichte eines Gutshofs vor den Toren Durlachs und seine Wandlung zum modernen Technologiezentrum. 120 S., Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2014

Nächste Haltestelle
Grötzingen Bahnhof
Linie: S4 , S41, S5, BUS 21, 22, N4

Nächster Parkplatz
Bahnhof Grötzingen
Entfernung: ca. 180 m Luftlinie

Anfahrt
Anfahrt mit Google Maps planen

Weitere Denkmale in der Nähe: