Evangelische Jakobskirche

Wettersteinstr 17

Die Kirche in Wolfarts­weier wurde nicht immer „Jakobs­kir­che“ genannt. In einer Kaufur­kunde von 1488 findet sich der Name „St. Marga­retha“.

Farbe in der evangelischen Jakobskirche Wolfahrtsweier

Das diesjährige Thema des Denkmaltages lautet schlicht “Farbe”. Wenn wir heute die Jakobskirche in Wolfartsweier betreten, finden wir den Innenraum in schlichten gedeckten Farben gehalten. Nur die Kunstwerke sprechen durch ihre Farbgebung eine eigene Sprache, insbesondere die farbigen Glasfenster von Horst Leyendecker. Intensiv feuerrot leuchtet der brennende Dornbusch im Ostchorfenster.

Das war nicht immer so. Das Kirchlein gehörte einer armen Gemeinde, Kunst in der Kirche war unerschwinglich, und selbst die Wände des Innenraumes wurden in großen Abständen nur geweißelt. Wie sich bei der Renovierung 1985 herausstellte, gab es auch keinerlei Fresken an den Wänden, nur mehrere Steinquaderfassungen, denn ganz ohne Farbe wollte man nicht leben, vor allem nicht in der Kirche. In vielen Kirchen hat man die alten Quaderfassungen wieder hergestellt. Diese Kirchen wirken auf uns heute richtig bunt.

Der Restaurator Horst Leyendecker stellte fest, dass die unterste der aufeinander folgenden Fassungen der Steinquader ein Ziegelrot war. Vielleicht waren im 18. Jahrhundert die Steinquaderfassungen noch bekannt, und man malte deshalb „Türen, Fenster, Gesims und Eckpfeiler“ rot an, aber gänzlich 'ungotisch' mit "Ölfarbe".

1744 So in den Akten der „Pfarrkirche zu Wolferzweyer“ von 1744: "...Vor [für] sämtliches Bestehen Verputzen und Weißen und das Gesims, Eckpfeiler, Thüren und Fenster mit roter Ölfarb anzustreichen sowohl an der Kirchen als Turm außen und inwendig, wie auch die Hohlziegel1 von dem alten Dachstuhl herunter zu tun verdient → 30 fl ..."2.

Der Befund von Horst Leyendecker sei hier wiedergeben:

"0 → Unregelmäßige, an der Oberfläche mühsam glatt geschlagene Steine mit breiten Fugen, die mit Mörtel dem Niveau der Steine angeglichen wurden.
1 → Ziegelrot, stark mit Kalk aufgehellt. Keine Fugenbemalung. (Gotisch?)
2 → Braunrot mit schmalen, schwarz aufgemalten Fugen
3 → Grau mit schmalen, schwarz aufgemalten Fugen
4 → Gebrannter Ocker mit schmalen, dunkelbraun aufgemalten Fugen. 3
5 → Nur noch verschiedene weiße und gelbe Kalkanstriche" [geweißelt]

Diese Reihenfolge beim Chorbogen fand er auch beim Sakramentshäuschen, nur dass hier unter der "gotischen" ziegelroten noch eine graue Fassung vorhanden war. Der Restaurator übernahm die erste "gotische" Fassung, das Ziegelrot, für den Chorbogen, die Rippen des Gewölbes im Turmraum und die Fenstergewände, deren Wirkung wir heute wieder erleben können.

1758 Nur etwas über zehn Jahre später wurde die Kirche für 5 Gulden neu "geweißelt"!

1783 Die neue Orgel wurde 1783 auf der Empore aufgestellt. Ihr Prospekt blieb uns bis heute erhalten und ist, nach der Restaurierung 1985, wieder in prächtigen barocken Farben zu bewundern. Damals, so wurde berichtet, war der Markgraf bereit, die Forderung des Schreinermeisters Jacob Müller zu Wolfartsweier von einigen Anstreicharbeiten in der Kirche für 12 fl (Gulden) zu übernehmen. Der alte "hellblaue" Anstrich von Kanzel und Altar musste erneuert, die neue Empore und der Platz der Orgel mussten ebenfalls gestrichen werden. Alles wurde in Hellblau gefasst. Auch noch im Visitationsbericht von 1810 findet sich der Hinweis, dass Altar, Kanzel und Taufstein "blau" gestrichen seien.

 

Man stelle sich das vor: Rote Türen, rote Fenster, rote Gesimse und Eckpfeiler und eine hellblaue Kanzel und Empore! Welch‘ eine Farbenfreude liebten unsere Vorfahren.

 

Horst Leyendecker untersuchte auch die Farbgebung des Altars, der Emporenbrüstung und der Kanzel. Er fand zehn Farbschichten auf der Kanzel und folgert daraus: "Die Kanzel, der Altar und ein großer Teil der Emporenbrüstungen weisen die gleiche Farbfolge auf und sind demnach gleich alt. Bei 10 Fassungen ist das Alter der Prinzipalstücke auf etwa 250 Jahre anzusetzen". Die Reihenfolge der Fassungen auf dem Weichholz waren:

 

1) dunkles Elfenbein (älteste Fassung)   2) Moosgrün   3) Grau   4) ein helleres und wärmeres Grau als bei 3   5) fast weiße Grundierung für die Holzimitation von 6   6) dunkelbrauner Holzton, die Viertelstableisten um die Felder (von Kanzel und Brüstung) sind vergoldet   7) Moosgrün, dunkler als 2   8) Elfenbein, heller als 1   9) Braungrau, Beige   10) weiße Grundierung für die graue Jetztfassung, letzter, jüngster Anstrich.

 

1766 1766 teilt die Geistlichen Verwaltung dem Markgrafen mit, dass „… die alte Canzel in der Kirche dermasen schlecht beschaffen, daß ohnumgänglich eine neue gemacht zu werden erfordert wird...",1.

 

Vermutlich nahm man aber nur eine gründliche Renovierung vor, worauf der moosgrüne Grund schließen lässt.

 

Es war schon eine kleine Sensation, als nach Abheben von acht Farbschichten auf der Frontseite der oktogonen Kanzel ein von einem Fürstenhut gekröntes Wappen sich klar vom moosgrünen Grund abhob. Der Fürstenhut muss auf die Zeit von 1803 bis 1806 datiert werden, als Carl Friedrich noch nicht Großherzog von 'Napoleons Gnaden' war.2

Die Kanzel - und die Orgel - können heute in der Jakobskirche bewundert werden. Ausführlich dazu in: Elga Roellecke, Glaube und Visitation, Chronik Wolfartsweier, Heft 7, 2008, Kap. Innenraum der Kirche.

Text: Elga Roellecke

 

1 Hohlziegel, heute "Mönch und Nonne" genannt, werden besonders in südlichen Ländern noch verwendet

2 GLA 229 / 115469, 1744, 18. Juni, Befund der "...baufällige Kirchen und dessen Thurm zu Wolferzweyer auf höchfirstl. RenthCamer gnätigsten Befehl C:No: 1331..."

3 LDA, 1985, 3. Juli, Horst Leyendecker, Befund, zu 4) "Von dieser Fassung habe ich einen vollständigen Stein freigelegt. Kurz vor dem Fototermin wurde dieser wertvolle Befund leider von dem Verputzer abgeschlagen".

4 GLA 229 / 115469, 1766, 10. Januar, Geistliche Verwaltung, Dill, an den Markgrafen

5 Elga Roellecke, Die Jakobskirche in Wolfartsweier, Kunstführer, Karlsruhe 1997, S. 10

 


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