Seilerhäuschen

Kaiserstr 41

Das sogenannte "Seilerhäuschen" ist eines der letzten noch erhaltenen Bürgerhäuser der ersten Stadtbauphase. Es steht in der Kaiserstraße zwischen Waldhornstraße und Durlacher Tor - schräg gegenüber dem ehemaligen Zeughaus. Das eineinhalbgeschossige Gebäude wurde nach den Prinzipien des ersten Modells für Bürgerhäuser von 1715 um 1722/23 errichtet.

Das Seilerhäuschen

Das Tragwerk besteht aus einer Fachwerkkonstruktion, die mit Lehmwickeln ausgefacht wurde. Durch Überstreichen der Straßenfassade im Erdgeschoss sollte eine steinerne Architektur vorgetäuscht werden, deren Farbgebung im Laufe der Jahrhunderte mehrfach wechselte. Das Rot der ersten Farbfassung sollte an holländische Klinkerbauten erinnern und war Ausdruck für die Hollandbegeisterung des Stadtgründers Markgraf Karl Wilhelm, die nicht nur in seiner reichen Sammlung von Tulpen ihren Niederschlag fand. Der Dachstuhl war ursprünglich als Mansarddach konstruiert und wurde im ersten Dachgeschoss durch vier Einzelgauben von der Straßenseite belichtet.

Nachdem die Lange Straße von Durlach kommend gemäß diesen Vorschriften bebaut worden war, sich die erhoffte Einheitlichkeit jedoch nicht einstellte, kamen 1752 neue, strengere Gestaltungsvorschriften zum Tragen: Diese sahen die Zweigeschossigkeit der Gebäude mit einfachem Satteldach vor. Die Kaiserstraße 47 weist noch heute die konstruktiven Merkmale beider Bauphasen auf, da im ersten Dachgeschoss lediglich eine Blendwand vor die bestehende Mansarddachkonstruktion gestellt wurde, um so den neuen Auflagen Genüge zu tun. Im Zuge der neuen Modellbauverordnung erhielt das Gebäude eine neue, nun gelbliche Farbgebung.
Lange Zeit (seit 1739) war das Gebäude im Besitz der Seilerfamilie Schönherr, die Mitte des 19. Jahrhunderts sogar zum Hofseiler erhoben worden war. Durch die intensive Wohn- und Gewerbenutzung wurde das Gebäude in einem guten Zustand erhalten. Während im langgestreckten Hinterhof entlang der Grundstückstrennwände immer wieder bauliche Veränderungen notwendig wurden, verblieb das Vordergebäude von 1723 - bis auf geringfügige Veränderungen - in seinem ursprünglichen Zustand.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Ausstattung im Erdgeschoss verbessert und nach der Jahrhundertmitte ein Ladengeschäft an der Kaiserstraße eingerichtet. Noch bis in die 1980er Jahre wurde das Gebäude von der Seilerfamilie bewohnt und bewirtschaftet. In seinem heutigen Zustand stellt das sogenannte "Seilerhäuschen" ein einzigartiges Dokument der Bau- und Lebensweise von Bürgern der Stadt Karlsruhe seit der Stadtgründung dar.

Nach zahlreichen Eigentümerwechseln und einigen erfolglosen Umbaumaßnahmen konnte das Gebäude 1997 unter Mithilfe der Denkmalstiftung Baden-Württemberg von der Volkswohnung erworben werden. Es erfolgte eine gründliche Bestandsaufname und Untersuchung zu einer geeigneten Nutzungsanpassung. Studenten des Aufbaustudienganges Altbauinstandsetzung an der Universität Karlsruhe erstellten in Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich SFB 315 an der Universität Karlsruhe eine umfassende Bestandsanalyse.

In enger Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt wurde dann das Konzept einer denkmalgerechten Wiedernutzbarmachung erarbeitet. Dieses Konzept ging von einem größtmöglichen Substanzerhalt aus. Fehlende Bauteile wurden deutlich ablesbar ergänzt, neue Funktionseinheiten wurden in einem kleinen Neubau zusammengefasst. Es erfolgte eine Umnutzung zu einem Weinlokal mit Galerie, Café und angeschlossener Hofbewirtung. Der heutige Grünton der Fassade orientiert sich an dem im Zuge des letzten prägenden Umbaus von 1880 gewählten Farbton.

Text: Georg Th. Matzka

Text: Georg Th. Matzka

Nächste Haltestelle
Karlsruhe Kronenplatz (Fritz-Erler-Str.)
Linie: Tram 3

Nächster Parkplatz
Kaiserstr. 12 (Parkautomat)
Entfernung: ca. 30 m Luftlinie

Anfahrt
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