Grünwinkler Siedlungen

Haltestelle Hardecksiedlung

Veränderungen von Stadtrandsiedlungen aufgrund unserer gestiegenen Ansprüche an das Wohnen am Beispiel der Grünwinkler Siedlungen „Hardeck, Heidenstücker (alt) und Gartenstadt“.

Grünwinkler Siedlung Hardeck, Heidenstücker und Gartenstadt

Einleitung
Beim Tag des offenen Denkmals 2012 wurde unter dem Thema „Holz“, die Entstehung und Entwicklung der Hardecksiedlung (Holzsiedlung) vorgestellt.
Die kleine Führung durch drei Grünwinkler Siedlungen knüpft an dieses Thema an.
 
Entwicklung von Grünwinkel
Grünwinkel hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Industriealisierung im Bereich des Westbahnhofes und durch die Expansion der Sinner AG einen großen Bevölkerungs-zuwachs erhalten. Die große Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren führte zu einer großen Wohnungsnot, die den Bau von Siedlungen notwendig machte.  Zu dem alten (Straßendorf-) Kerndorf  kamen nach und nach vier Siedlungen (Hardeck-, Heidenstücker-, Albsiedlung und Gartenstadt), um genügend Wohnraum zur Verfügung zu haben.

Die Entstehung der drei Siedlungen
Die Gartenvorstadt Grünwinkel wurde nach dem Vorbild der Gartenstadt Rüppürr 1919 gegründet. Anschließend wurden von der Genossenschaft auf der linken Seite der Alb Reihenhäuser im Baustil der Rüppürrer „Mutter“-Siedlung errichtet. 
1932 wurde die Hardecksiedlung geplant und gebaut. Diese Stadtrandsiedlung war der erste Bauabschnitt eines Siedlungskonzeptes im Rahmen der Brüningschen Notverordnung und hatte einen besonderen Charakter, da nur Holzhäuser errichtet wurden. Die Siedlung wurde auf einem Gelände der ehemals selbständigen Gemeinde Bulach - bei der Fabrik von Junker & Ruh -  realisiert.
Der zweite Bauabschnitt des städtischen Stadtrandsiedlungsprogramms begann 1933/34 in der Heidenstückersiedlung südlich der Pulverhausstraße, größtenteils auf dem Gewann Heidenstücker von Daxlanden, aber auch auf ehemals Bulacher Gemarkung. Im Gegensatz zur Holzsiedlung wurden diese Einfachhäuser aus Stein errichtet, und deshalb wird heute noch diese Siedlung Steinsiedlung genannt.
 
Gartenvorstadt Grünwinkel
Missstände in der städtebaulichen, sozialen und ökonomischen Entwicklung in den Großstädten des 19. Jahrhunderts führten zu Überlegungen zu neuen Siedlungs-konzepten. Etwa zur gleichen Zeit veröffentlichten Ebenzer Howard (1898 in England) und Theodor Fritsch (1897 in Deutschland) ähnliche Ideen zu einer Reform städtebaulicher Konzepte. Ziel dieser Ideen war es, die trotz aller Probleme vorhandenen Vorzüge der Stadt (gute Infrastruktur, Arbeitsplätze, kulturelle Angebote) mit den Vorzügen des Lebens auf dem Lande (gesundes, naturnahes Wohnen) zu verbinden.
In Deutschland entstanden nach dieser Idee zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Hellerau bei Dresden und Karlsruhe-Rüppurr die ersten Genossenschaftssiedlungen.
Durch den genossenschaftlichen Zusammenschluss sollte erreicht werden, was dem Einzelnen mit wenigen Mitteln unerreichbar war.
Nach dem Vorbild der Rüppürrer Gartenstadt wurde nach 1919 eine kleine Siedlung in Grünwinkel errichtet. Bei den ersten 25 Reihenhäusern (70 bis 100 m² Wohnfläche) mit Nutzgarten betrug die Monatsmiete bei Bezug 35 bis 65 Mark.

Die Häuser wurden in den letzten 20 - 30 Jahren, spätestens beim Mieterwechsel, modernisiert und auf den heutigen Stand des Wohnkomforts gebracht. Das äußere Bild der Siedlung ist jedoch nahezu erhalten geblieben. Die Reihenhäuser sind sehr begehrt, und die Gartenvorstadt hat eine eigene Wohlfühlatmosphäre.   

Hardecksiedlung
Es wurde eine so genannte Nebenerwerbssiedlung mit finanzieller Unterstützung des Reiches geplant und gebaut.
Die Grundstücke stellte die Stadt zur Verfügung, und diese konnten später von den Siedlern erworben werden (z. T. zunächst über Erbpacht).
Die Siedler errichteten die vorgefertigten Häuser auf den ca. 900 m² großen Grundstücken unter der Anleitung einiger Fachhandwerker selbst. 1934 konnten die ersten 40 Häuser bezogen werden.

Die Kleinsiedlungshäuser sind heute nahezu verschwunden. Die großen Grundstücke ermöglichten eine dichtere Bebauung. In einem neuen Bebauungsplan von 1995 wurde die Teilung der Grundstücke ermöglicht. Die Zufahrt zu Neubauten hinter bestehenden Häusern wurde erlaubt. Der Charakter der Einzelhäuser wurde jedoch erhalten, da keine Reihenhäuser zugelassen wurden.
So entwickelte sich die Siedlung von der vorstädtischen Kleinsiedlung zur Einfamilienhaus-Wohnsiedlung und zu einem bevorzugten Wohngebiet im Grünen.
 
Heidenstückersiedlung (alt)
Beim Bau der Heidenstückersiedlung wurde versucht, die Nachteile der Einfachsthäuser der Hardecksiedlung - sie hatten beispielsweise nur einen Brunnen statt eines Wasseranschlusses und keine Keller - zu beseitigen. Im Wesentlichen folgte auch der Bau dieser Siedlung den Grundsätzen einer Nebenerwerbssiedlung. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 war der 2. Bauabschnitt des Brüningschen Siedlungsprogramms noch nicht abgeschlossen. Die Idee wurde als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von den Nationalsozialisten aufgegriffen und in vier weiteren Bauabschnitten fortgeführt. Allerdings wurden die finanziellen Mittel gekürzt, und es war jetzt u.a. ein „Ariernachweis“ bei der Bewerbung mit vorzulegen.
Die Finanzierung der Häuser und Grundstücke erfolgte über Darlehen vom Reich, welche die Eigentümer nach und nach abbezahlten. Die Grundstücke waren bis zu 1.000 m² groß, um als Nebenerwerbsquelle mit Garten und Tierhaltung zu dienen.

Der gestiegene Wohnraumbedarf führte ab den 1960er Jahren zu Anbauten, dann ab 1974 zum Bau von einstöckigen Bungalows in die großen Grundstücke. Ab den 1990er Jahren wurden Siedlungshäuser abgerissen und dafür große Neubauten erstellt.
Durch die starke Nachverdichtung innerhalb der Siedlung hat sich das Aussehen deutlich verändert, aber wie bei der Hardecksiedlung wurden auch hier keine Reihenhäuser errichtet. Die großen Grundstücke ermöglichen ein Wohnen im Grünen. Kleintierhaltung und die Nutzung der Gärten sind allerdings komplett verschwunden.

Text: Peter Forcher
Text: Dr. Elisabeth Spitzbart, ArtRegioTours

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Linie: Tram 1, BUS 50, 62, N2

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Entfernung: ca. 550 m Luftlinie

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