Egon-Eiermann-Allee 8

Rückseite, Bild: © 2013, ef

Rheinlandkaserne, Kasino und Stabsgebäude

Egon-Eiermann-Allee 8 , Knielingen

Ausweisungstext der amtlichen Denkmalliste

Das Kasino der Rheinkaserne ist aus wissenschaftlichen sowie aus künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein Kulturdenkmal. An ihrem Erhalt besteht insbesondere wegen ihre exemplarischen und dokumentarischen Wertes ein öffentliches Interesse gemäß § 2 DschG BW.

Das Gelände der heutigen Gerszewski-Kaserne war ursprünglich in drei Kasernen unterteilt, die ehemalige Rhein-, die Mutra- und die Pionierkaserne. Die Gebäude entsprechen der Heeresbaunorm von 1935 und stammen von 1938/39 bzw. 1942. Nach 1945 waren hier amerikanische Truppen untergebracht und vor allem in den 50er Jahren wurden Gebäude hinzugefügt, Baumaßnahmen fanden bis in jüngste Zeit (1990) statt.

Aufgrund der auch für Kasernen ausgesprochen schlichten Bauweise, die darüberhinaus in ihrer Originalsubstanz durch jüngere Veränderungen (neue Fenster, neue Dächer, neue Fußböden) reduziert wurde, kann der Komplex insgesamt nicht als Kulturdenkmal angesehen werden.

Erhaltenswert ist die das Gelände umfangende, und die außerordentlich großen Dimensionen der Anlage verdeutlichende Mauer mit ihren an den Toren durch Lampen akzentuierten Pfosten. Die Kirche stammt von 1952, Saalkirche mit seitlichen Nebenräumen und einer Apsis, die im Inneren durch einen parabelförmigen Triumphbogen gegen den Saal ausgeschieden ist. Es handelt sich um eine für die Zeit typische Binderkonstruktion mit Betonschalen. Das Gebäude ist in seinem Originalbestand (inklusive der Innenausstattung, wie z.B. die Lampen) gut überliefert und ist erhaltenswert. Ebenfalls erhaltenswert ist die Situation um den ehemaligen Exerzierplatz mit dem durch einen hölzernen Portalvorbau akzentuierten Stabsgebäude (9650) und den seitlich parallelgestellten Unterkünften (Gebäude 9647, 9649, 9651, 9654) sowie den dazu rechtwinklig gesetzten Ökonomiegebäuden (Gebäude 9645, 9641 ehem. Pferdestall). Die Wegbefestigung mit Kopfsteinpflaster ist erhalten. In dem Gebäude 9650 (Stabsgebäude) haben sich mehrere Keramikwandbilder nach einem Entwurf des Karlsruher Künstlers Gustav Heinkel (1907-1945?) erhalten: im Erdgeschoss eine Darstellung der Stadt Karlsruhe, im Hauptraum des Obergeschosses zwei Wandbilder mit Szenen aus der Nibelungensaga. Diese Wandbilder sind nach Auffassung des Landesdenkmalamtes Kulturdenkmale gem. § 2 DSchG aus künstlerischen sowie wissenschaftlichen, insbesondere kulturhistorischen Gründen. An ihrer Erhaltung besteht aufgrund ihres dokumentarischen und exemplarischen Wertes eines öffentliches Interesse. (Das Gebäude wurde 2006 abgebrochen.)

Das aufwendigste Gebäude der gesamten Anlage ist das Offizierskasino (Gebäude Nr.  9622) von 1942. Es handelt sich um einen im Grundriss H-förmigen Putzbau auf  Rustikasockel, die Seitenflügel mit Eckpilastern sind zweigeschossig, der Mitteltrakt mit drei zentralen Fenstertüren eingeschossig, der durch die Gebäudeflügel ausgebildete Hof ist um die Sockelhöhe als Terrasse angehoben, seitliche Treppen. Das Walmdach zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Konstruktion aus, es handelt sich um ein in Fachwerk ausgebildetes Faltwerkdach. Seit dem Ersten Weltkrieg wurde in Deutschland mit Holzkonstruktionen experimentiert, v.a. im Dritten Reich wurde die Entwicklung von Holzsparmethoden gefördert. In diesem Zusammenhang ist die aus Brettern genagelte Dachkonstruktion des Offizierskasinos zu sehen, der aufgrund der wenigen erhaltenen Beispiele solcher Konstruktionsversuche Seltenheitswert zukommt. Die politische Forderung nach Verwendung heimischen und preiswerten Baumaterials (z.B. bereits gebrauchtes Schal- und Abfallholz) und einfacher Techniken wird durch die Verwendung in einem Kasernengebäude besonders anschaulich. Die Innenausstattung des Offizierskasinos hat sich in der Hauptetage mit Parkettboden und zweiflügeligen Fenstertüren sowie halbhohen Wandpaneelen erhalten, auch die Treppenaufgänge mit Geländer zeigen zeittypische Ausbildung.

Das Offizierskasino der Gerszewski-Kaserne (Geb. Nr. 9622) ist mit seiner architektonischen Formensprache ein typischer Vertreter seiner Zeit; die gegenüber den übrigen Kasernengebäuden ausgesprochen aufwendige Gestaltung verdeutlicht die herausgehobene Funktion des Gebäudes. Auch die gut erhaltene Innenausstattung zeugt von dem Repräsentationsanspruch der Offiziersränge. Eine besondere Bedeutung kommt
jedoch der Dachkonstruktion des Gebäudes zu, die eine nur kurze Zeit dauernde Experimentierphase des deutschen Ingenieurbaus wiederspiegelt und der aufgrund der wenigen überlieferten Beispiele Seltenheitswert zukommt. Das Offizierskasino ist wegen seiner militär- und technikgeschichtlichen Aussagekraft ein Kulturdenkmal gem. § 2 DSchG aus wissenschaftlichen Gründen. An dem Erhalt des Gebäudes besteht wegen seine exemplarischen und dokumentarischen Wertes sowie wegen der Seltenheit der Dachkonstruktion ein öffentliches Interesse.

Literatur:
Karlsruher Majolika. Die Großherzogliche Majolika-Manufaktur 1901-1927. Die Staatliche Majolika-Manufaktur 1927-1978. Ausstellungskatalog des Badischen Landesmuseums (Karlsruhe 1979) Werner Durth u. Winfried Nerdinger: Architektur und Städtebau der 30er/40er Jahre. Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 46, 1993 Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen im Nationalsozialismus. Bayern 1933-1945 (München 1993) Robert von Halász u. Claus Scheer (Hrsg.): Holzbau-Taschenbuch 1 (Berlin 1996)

Denkmal nach § 2 (Kulturdenkmal) Denkmalschutzgesetz

Baujahr: 1936

 

Rückseite Bild: ef, 2013

 

Vorderseite Bild: ef, 2013