Kaiserstr. 184

Bild: © 2013, PBe

Notariat

Kaiserstr. 184, Innenstadt-West

Ausweisungstext der amtlichen Denkmalliste

Wohnhaus, zweigeschossiges, traufständiges und verputztes Torfahrthaus mit Satteldach, zugehöriger Seitenflügel auf der Hofseite, spätklassizistische Zierformen, errichtet in den 1850er Jahren, über dem Tor befindet sich eine 1918 angebrachte steinerne Gedenktafel: "In diesem Hause wohnte S. Exz. Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg als Commandeur der 28ten Division 1900-1903" 

Ergänzende Informationen des Stadtarchivs

Wer durch die westliche Kaiser­straße geht, wird am Haus Nr. 184 eine offen­kun­dig schon ältere Gedenk­ta­fel für Ge­ne­ral­feld­mar­schall Paul von Hindenburg, den späteren zweiten Reichs­prä­si­den­ten der Weimarer Republik finden. Diese Ehrung wurde einem Mann zuteil, der heute zurecht als einer der To­ten­grä­ber eben dieser Weimarer Republik gilt. Die Tafel war noch während des Ersten Weltkriegs am 2. Oktober 1918, am 71. Geburts­tag von "Deutsch­lands bedeu­tends­tem Feldherrn", wie das Karls­ru­her Tagblatt schrieb, in Erinnerung an Hinden­burgs Zeit in Karlsruhe angebracht worden: "In diesem Hause wohnte und wirkte seine Exzellenz General­feld­mar­schall Paul von Hinden­bur­g als Kommandeur der 28. Division von 1900-1903." Das Kommando der 28. Division befand sich im Haus Kaiser­straße 184.

Schon drei Jahre zuvor hatte die Stadt ihm die Ehren­bür­ger­wür­de ­ver­lie­hen. Damit war Karlsruhe nach Magdeburg die zweite Stadt, die dem später noch vielfach so Geehrten diese höchs­te ­Aus­zeich­nung zukommen ließ. 1921 folgte noch die Benennung der Hin­den­burg­straße. Die von Hindenburg mit zu verant­wor­ten­de ­Nie­der­lage im Ersten Weltkrieg verhin­derte diese neuer­li­che Eh­rung ebenso wenig wie seine maßgeb­li­che Rolle bei der Ent­ste­hung und Verbrei­tung der Dolch­stoß­le­gende, die in völli­ger ­Ver­keh­rung der Tatsachen den demokra­ti­schen Parteien die Schuld an der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg gab.

Diese in Deutsch­land vor 1945 weit verbrei­te­te Hin­den­burg­ver­eh­rung wurden nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Karls­ruhe revidiert. Das Justiz­mi­nis­te­rium Württem­berg-Baden ­ord­nete 1946 die Entfernung der Gedenk­ta­fel an, da alles zu ver­mei­den sei, "was die Aufrich­tig­keit und Entschie­den­heit der Abkehr von dem natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Regime in Zweifel ziehen ­kann". Die Hinden­burg­straße in der heutigen Nordstadt hatte ­schon zuvor den Namen des von Rechts­ra­di­ka­len 1921 ermor­de­ten ­Ma­thias Erzberger erhalten, einer der von Hinden­burgs ­Dolch­stoß­le­gende diffa­mier­ten demokra­ti­schen Politiker. Anders als die natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ehren­bür­ger der Stadt Adolf Hit­ler, Walter Köhler und Robert Wagner wurde Hindenburg aber nicht aus der Liste der Ehren­bür­ger gestrichen.

Im September 1954 beantragte nun der in Karlsruhe gebürtige und dort wohnhafte General­ma­jor a. D. Helmut Bachelin - erfolglos - die Rücknahme der Umbenen­nung. Als sich aber im Jahr 1957 die Ar­beits­ge­mein­schaft Karlsruher Solda­ten­ver­bände an das für das Ge­bäude zuständige baden-württem­ber­gi­sche Justiz­mi­nis­te­ri­um wandte, hatte man nun keine Bedenken mehr. Die Solda­ten­ver­bän­de hat­ten darauf hinge­wie­sen, dass die "alten Soldaten … schon im­mer lebhaft bedauert" hätten, "daß sich dieses Erin­ne­rungs­zei­chen an einen verdienten Soldaten und Ehren­bür­ger ­der Stadt Karlsruhe nicht mehr an der alten Stelle befinde." Auch der Kamera­den­dienst der 35. Infanterie-Division, von der heute bekannt ist, dass sie maßgeblich an Verbrechen der Wehr­macht beteiligt war, hatte sich an das Justiz­mi­nis­te­ri­um ­ge­wandt. Daraufhin fragten Finanz­mi­nis­ter Karl Frank und O­ber­lan­des­ge­richts­prä­si­dent Max Silber­stein bei der Stadt­ ­Karls­ruhe an, ob sie mit der Wieder­an­brin­gung an dem Haus in ihrer Haupt­straße einver­stan­den sei. Beide erhielten von O­ber­bür­ger­meis­ter Günther Klotz die Antwort, dass er nichts ein­zu­wen­den habe. Die Tafel wurde nach dieser Zustimmung vor dem 1. September 1958 ohne eine offizielle Veran­stal­tung und ohne ­Pres­se­re­so­nanz wieder angebracht und hängt heute noch an dem in­zwi­schen nach § 2 des Denkmal­schutz­ge­setz als Kultur­denk­mal ein­ge­stuf­ten Haus. 2018 annul­lierte der Karlsruher Gemein­de­rat in einem symbo­li­schen Akt die Ehren­bür­ger­schaft vor allem wegen Hin­den­burgs Rolle in der Endphase der Weimarer Republik.

Dr. Ernst Otto Bräunche, Heraus­ge­ber/Re­dak­tion "Blick in die Ge­schich­te" in: Blick in die Geschichte, Nr. 133 vom 17. Dezember 2021

Denkmal nach § 2 (Kulturdenkmal) Denkmalschutzgesetz

Baujahr: 1850

 

Bild: PBe, 2013

 

Hauseingang Bild: PBe, 2013