Das Seilerhäuschen, Bild: © 1946, Fritz Hugenschmidt
Kaiserstr. 47, Innenstadt-Ost
"Seilerhäuschen", Handwerkerwohnhaus, heute Wohn- und Geschäftshaus, zweigeschossig mit Fußwalm, vierachsig, nach dendrochronologischer Untersuchung 1723 erbaut, erster feststellbarer Eigentümer war Seilermeister Schönherr (1739), im späten 18. Jh. aufgestockt, um 1880 um zweigeschossigen Anbau im Hof erweitert, Sanierung 1999 durch Georg Matzka von der Volkswohnung GmbH, (vgl. Hea-Jee Im, Karlsruher Bürgerhäuser, 2004, s. Reimers u.a., Seilerhäuschen), 1733. Wohl ältestes erhaltenes Wohnhaus Karlsruhes.
Das sogenannte "Seilerhäuschen" ist eines der letzten bürgerlichen Häuser der ersten Stadtbauphase. Es steht in der Kaiserstraße zwischen Waldhornstraße und Durlacher Tor - schräg gegenüber dem ehemaligen Zeughaus. Das eineinhalb geschossige Gebäude wurde nach den Prinzipien des ersten Modells für Bürgerhäuser von 1715 um 1722/23 errichtet.
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Das Tragwerk besteht aus einer Fachwerkkonstruktion, die mit Lehmwickeln ausgefacht wurde. Durch überstreichen der Straßenfassade im Erdgeschoss sollte eine steinerne Architektur dargestellt werden. Der Dachstuhl war ursprünglich als Mansarddach konstruiert und wurde im ersten Dachgeschoss mittels vier Einzelgauben von der Straßenseite belichtet.
Nachdem die Lange Straße von Durlach kommend gemäß diesen Vorschriften bebaut worden war, sich die erhoffte Einheitlichkeit jedoch nicht einstellte, kamen 1752 neue, strengere Gestaltungsvorschriften zum Tragen: Diese sahen die Zweigeschossigkeit der Gebäude mit einfachem Satteldach vor. Die Kaiserstraße 47 weist noch heute die konstruktiven Merkmale beider Bauphasen nach, da im ersten Dachgeschoss lediglich eine Blendwand vor die bestehende Mansarddachkonstruktion vorgestellt wurde, um so den neuen Auflagen Genüge zu leisten.
Lange Zeit (seit 1739) war das Gebäude im Besitz der Seilerfamilie Schönherr, die Mitte des 19. Jahrhunderts sogar zum Hofseiler erhoben worden war. Durch die intensive Wohn- und Gewerbenutzung wurde das Gebäude in gutem Zustand erhalten. Während im langgestreckten Hinterhof entlang der Grundstückstrennwände immer wieder bauliche Veränderungen notwendig wurden, verblieb das Vordergebäude von 1723 - bis auf geringfügige Veränderungen - in seinem ursprünglichen Zustand.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Ausstattung im Erdgeschoss verbessert und nach der Jahrhundertmitte ein Ladengeschäft an der Kaiserstraße eingerichtet. Noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde das Gebäude von der Seilerfamilie bewohnt und bewirtschaftet. In seinem heutigen Zustand stellt das sogenannte Seilerhäuschen ein einzigartiges Dokument der Bau- und Lebensweise von Bürgern der Stadt Karlsruhe im Lauf seiner Geschichte dar. Nach zahlreichen Eigentümerwechseln und einigen erfolglosen Umbaumaßnahmen konnte das Gebäude 1997 unter Mithilfe der Denkmalstiftung Baden-Württemberg von der Volkswohnung erworben werden. Es erfolgte eine gründliche Bestandsaufnahme und Untersuchung zu einer geeigneten Nutzungseinpassung. Studenten des Aufbaustudienganges Altbauinstandsetzung erstellten in Zusammenarbeit mit dem SFB 315 eine umfassende Bestandsanalyse. In enger Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt wurde dann das Konzept einer denkmalgerechten Wiedernutzbarmachung erarbeitet. Dieses Konzept ging von einem größtmöglichen Substanzerhalt aus. Fehlende Bauteile wurden deutlich ablesbar ergänzt, neue Funktionseinheiten wurden in einem kleinen Neubau zusammengefasst. Es erfolgte zunächst eine Umnutzung zu einem Weinlokal mit Galerie, Cafe und angeschlossener Hofbewirtung.
Text: Georg Th. Matzka
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Denkmal nach § 12 (Kulturdenkmal besond. Bedeutung) Denkmalschutzgesetz
Baujahr: 1723
Das Seilerhäuschen Bild: Fritz Hugenschmidt, 1946
Fassade des Seilerhäuschens Bild: Stadt Karlsruhe - Bauordnungsamt, 2009