Richard-Willstätter-Allee 2

Fasanenschlösschen Nordansicht, Bild: © 2018, PBe

Fasanengarten-Schlösschen

Richard-Willstätter-Allee 2, Innenstadt-Ost

Ausweisungstext der amtlichen Denkmalliste

Fasanen- und Hirschgarten:

"Fasanengarten-Schlösschen", heute Bildungszentrum der Landesforstverwaltung, seit 1926 Staatliche Forstschule, 1764-65 von Albert Friedrich von Keßlau, zugehörig zwei "chinesische Pavillons", 1764 von Wilhelm Jeremias Müller, südlicher Hof mit Gebäuden und Brunnen (roter Sandstein und Gusseisen, 1807, Auslaufrohre und Reliefs 1986 ersetzt), westlicher Garten mit Einfriedungen und kleinem südwestlichen Pavillon und südlicher Torzufahrt. Einfriedungsmauern.
Westlicher Garten- bzw. Hofteil mit Einfriedungen, südlichem Tor und kleinem südwestlichen Pavillonhäuschen. Die chinesischen Pavillons wurden als Teehäuschen und später als Studierzimmer für die Kinder des Großherzogs genutzt, der grüne Saal im Schloss diente fortan als Prinzenschule, 1967 für die Bundesgartenschau Außenfassaden originalgetreu wieder hergestellt, 1979-81 Innensanierung mit Wiederherstellung der Festsaalausmalung. Die Auflösung der Fasanerie erfolgte 1866.
Im Norden zugehöriger Fasanen- und Hirschgarten mit "Bocksblöße", am nördlichen Ende eingetieftes Bibergehege des späten 18. Jahrhunderts mit erhaltenem Wasserbecken und Stallresten. Nördlich davon Hügel der abgegangenen Hirschhütte von 1786.
Östlich bei der großen Wiese befindet sich eine kleine Tempelruine des späten 18. Jahrhunderts
Nördlich davon im Gehölz ein Pumpbrunnen aus Sandstein des späten 18. Jahrhunderts
(Dieser Parkraum ist Teil der Sachgesamtheit Schlossbezirk und Schlossgarten), siehe Innenstadt-West, Schloßbezirk 1

Ergänzende Informationen des Stadtarchivs

"Die hübscheste Sache der Welt" nannte ein Touristen-Führer der Rokoko-Zeit den Fasanen­gar­ten. Heute würde kein Stadt­füh­rer solche Lobesworte mehr finden. Dennoch ist der Parkwald zwischen Univer­si­tät, Schloss­gar­ten, Wildpark­sta­dion und Klosterweg eine liebens- und schüt­zens­werte Grünanlage, deren Ursprung und Entwick­lung untrennbar mit der Stadt­ge­schichte verbunden ist. Wo sich heute täglich hunderte Menschen aufhalten, erstreckte sich bis vor nahezu 300 Jahren ein zusam­men­hän­gen­des Waldgebiet.

Es war das Jagdrevier der Markgrafen von Baden-Durlach. Darin wurden noch vor der Stadt­grün­dung 110 Hektar Wald umzäunt und nach franzö­si­schem Vorbild in einen Fasanen­gar­ten und Wildpark umgestal­tet. Auf der "Bocksblöße", einer Waldlich­tung, entstand 1714 ein Jagdhaus und 1765 dann das Fasanen­sch­löss­chen mit den Feldhüh­ner­häus­chen "à la chinoise". Hier lagen auch die Betriebs­ge­bäude zur Versorgung der vielen Tiere. Die Aufsicht über die Fasanerie hatte der "Fasanen­meis­ter", ein Beruf, der von Generation zu Generation vererbt wurde. Der hölzerne Zaun um den Wildpark wurde bald durch eine Mauer aus Sandstei­nen ersetzt, die heute noch teilweise erhalten ist.

Nach 1780 wurden nach englischem Vorbild auslän­di­sche Baum- und Strauch­ar­ten gepflanzt; besonderer Wert wurde dabei auf Perspek­ti­ven, Farbspiel sowie Licht- und Schat­ten­wech­sel gelegt. Der Tiergarten im Norden wurde erweitert, so bezogen z. B. Biber ihr Quartier in der heute noch sicht­ba­ren Biberburg. Um 1850 erlebte die Fasanerie ihren Höhepunkt: mehrere Tausend Tiere bevöl­ker­ten den Fasanen­gar­ten; er brachte dem fürst­li­chen Hof weitrei­chen­des Ansehen! 1866 wurde die Fasanerie aufgelöst, der Unterhalt wurde zu teuer! In den Fasanen­gar­ten kehrte Ruhe ein, er wurde zum Ort der Erholung für die großher­zog­li­che Familie.

Noch heute sichtbares Zeichen der Verbun­den­heit mit dem Park ist die großher­zog­li­che Grabka­pelle, die 1896 vollendet wurde. Viele andere Bauak­ti­vi­tä­ten verklei­ner­ten schon früh von Süden her die Fläche; die größten Flächen­ver­luste verur­sachte ab 1825 der Bau und die Entwick­lung der Univer­si­tät. Seit 1923 wird der Fasanen­gar­ten als Teil des Staats­wal­des von der staat­li­chen Forst­ver­wal­tung betreut. 1967 war er als zentraler Bereich in die Bundes­gar­ten­schau einbezogen. Seit der Verwal­tungs­re­form 2005 ist die Aufgabe der Pflege und Erhaltung an die Untere Forst­be­hörde bei der Stadt Karlsruhe überge­gan­gen. Der stadtnahe und attraktive Parkwald ist äußerst beliebter und intensiv genutzter Erholungs- und Freizeit­raum. Aber auch Ökologen freuen sich über Beson­der­hei­ten, wie z. B. die bis zu 300 Jahre alten Eichen. Diese bieten wertvollen Lebensraum für seltene Insekten wie den Eichen-Heldbock. Von den ursprüng­lich 110 Hektar sind noch 45 Hektar übrig geblieben.

An die Vergan­gen­heit als Wildpark und Fasanerie erinnern nur noch die histo­ri­schen Gebäude und die Namen von Wegen und Alleen. Es ist zu hoffen, dass dies noch lange so bleiben wird.

 

Das Fasanen­sch­löss­chen

Nordfassade des Fasanen­sch­löss­chens: Der rot gestri­chene Gebäu­de­kom­plex des Fasanen­sch­löss­chens am nördlichen Rand des Univer­si­täts­ge­län­des lag ursprüng­lich idyllisch mitten im Fasanen­gar­ten. Um den Innenhof gruppieren sich das zweige­schos­sige Haupt­ge­bäude und zwei einstö­ckige Seiten­ge­bäude. Das Schlöss­chen wurde 1765 am Rand der Waldlich­tung "Bocksblöße" unter Markgraf Karl Friedrich anstelle eines einfachen 1711 gebauten hölzernen Jagdhauses errichtet. Architekt war der markgräf­li­che Kammer­jun­ker und Baudi­rek­tor Friedrich von Keßlau, der auch das Karlsruher Residenz­schloss erbaut hat.

Im Erdge­schoss des Schlöss­chens befanden sich zunächst die Fasanen­stu­ben, im Oberge­schoss die Wohnung des Fasanen­meis­ters. Schon bald wurden die Fasanen ausquar­tiert, und man baute das Erdge­schoss zu einem reprä­sen­ta­ti­ven Saal aus, der sich heute mit den klassi­zis­ti­schen Elementen und der meergrünen Wandfarbe weitgehend in seiner ursprüng­li­chen Ausstat­tung zeigt. An den Querwänden liegen zwei Kamine aus dunklem Marmor.

Wer sich von der Parkseite auf der Richard-Willstät­ter-Allee dem Schlöss­chen nähert, trifft auf eine reprä­sen­ta­tive Fassade. Über der Mitteltür prangen in Gold die Insignien des Erbauers Markgraf Karl Friedrich. Gegenüber dem Haupt­ge­bäude schließen zwei Pavillons "à la chinoise" die Gesamt­an­lage ab. Der fremd­län­di­sche Stil entsprach in der erwachen­den Romantik der Mode und galt als Zeichen des Luxus.

Anfangs führte von der mittleren Eingangs­tür des Schlöss­chens an der Nordseite eine Baumallee zwischen den Pavillons auf ein am Ende der Allee stehendes Gartenhaus. Dieses war in Verbindung mit der Fasanen­gar­ten­mauer angelegt und auf der Mauer errichtet. Zwei geschwun­gene Treppen führten hinauf in das Mauer­häus­chen. Beides ist verschwun­den: die Baumallee fiel bereits im letzten Jahrhun­dert einem Sturm zum Opfer, das Mauer­häus­chen musste 1953 dem Bau des Wildpark­sta­di­ons weichen.

Nach der Auflösung der Fasanerie 1866 diente der Saal im Schlöss­chen in den Sommer­mo­na­ten als Prinzen­schule, im Krieg 1870/1871 wurde er als Offiziers­la­za­rett genutzt. Die chine­si­schen Pavillons waren kleine Teehäus­chen und später Studier­zim­mer für die Kinder des Fürsten­ho­fes. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Abdankung Großherzog Friedrich II. stellte man das Gebäude für kurze Zeit der Techni­schen Hochschule zur Verfügung. Von 1926 bis heute ist es Sitz der Staat­li­chen Forst­schule Karlsruhe, seit 1990 Bildungs­zen­trum der Landes­forst­ver­wal­tung Baden-Württem­berg. Zur Bundes­gar­ten­schau 1967 wurden die Außen­fassa­den origi­nal­ge­treu wieder­her­ge­stellt. 1980 folgte eine grund­le­gende Innen­re­no­vie­rung und in den beiden letzten Jahren wurden die Pavillons renoviert. Somit bildet die Anlage des Fasanen­sch­löss­chens ein bauliches Kleinod am Rande des Univer­si­täts­cam­pus.

Text: Ulrich Kienzler, Forst­di­rek­tor VLW-Forst

Denkmal nach § 28 Übergangsregelung Denkmalschutzgesetz

Baujahr: 1765

 

Fasanenschlösschen Nordansicht Bild: PBe, 2018

 

Dachfigur Bild: PBe, 2018

 

Chinesischer Pavillon Bild: PBe, 2018