Kapellenstraße, Waldhornstr. 61, Ostendstr.12

Bild: © 2017, PBe

Alter Friedhof mit Kapelle

Kapellenstraße, Waldhornstr. 61, Ostendstr.12, Oststadt

Ausweisungstext der amtlichen Denkmalliste

Alter Friedhof mit Kapelle
Friedhofskapelle von Friedrich Eisenlohr, Gruftenhalle von Küntzle, Umfassungsmauern, Grab- und Denkmale: Denkmal für die Opfer des Theaterbrandes, Preußen-Denkmal, Grabmal für die 1870/71 an Kriegsfolgen gestorbenen französischen Soldaten, Kriegerdenkmal der Stadt Karlsruhe, Grabmal für die 1870/71 an Kriegsfolgen gestorbenen deutschen Soldaten, Grabmal Hofprediger Johann Leonhard Walz, Grabmal Christian Friedrich Walz (Sohn), Grabmal Friedrich Weinbrenner (Erstes Grab bis 1952), Grabmal Freiherr von Reitzenstein, Grabmal Karl Friedrich Nebenius, Grabmal Friedrich Eisenlohr, Grabmal der Eltern von Johann Peter Hebel (in der Kapelle), Grabmal Veronika Rohrer, Haushälterin des Dichters Johann Peter Hebel (in der Gruftenhalle), Grabmal Staatsminister Winter (Platte in der Fassade auf der Rückseite der Kapelle), Grabmal Vierordt, Grabmal Großherzogin Luise Caroline, 2. Frau des Großherzogs (in der Gruftenhalle), Grabmal der Großherzogin Mutter und des Bruders von Luise Caroline (in der Gruftenhalle) (Sachgesamtheit).

Ergänzende Informationen des Stadtarchivs

Kapelle

Bereits 1835 war der Plan für eine Friedhofskapelle fertiggestellt, die das alte Bethaus ersetzen sollte. Die Kapelle sollte über 16 Grabgruften errichtet werden. 1837 erbaute Baurat Friedrich Eisenlohr die um eine Apsis mit der 17. Gruft und ein Glockentürmchen erweiterte Kapelle.

Die aus Rotsandstein gemauerte Kapelle war in der Nähe des Haupteingangs an der Waldhornstraße errichtet worden. Die Mittel zum Bau hatte die 1834 verstorbene Hofmetzgers-Witwe Regine Reuter gestiftet. Ihr Grabmal findet sich über der Gruft rechts neben dem Haupteingang der Kirche (hinter dem Schaukasten). Geweiht wurde die Kapelle 1842. Nach der Leichenordnung von 1848 war die Friedhofs-kapelle „der Ort, wo die Beerdigungen, die Leichen-reden, soweit sie stattfinden, gehalten werden.“ Da die Kirche Einwohnern von Klein-Karlsruhe (Dörfle) auch als Gottesdienstraum diente, durften in die Kapelle keine Särge gebracht werden.

Unter der Kapelle befinden sich 17 Grüfte. Der Zugang zu den Grüften erfolgte von außen. Über den heute verschlossenen Zugängen befinden sich die Grabplatten mit Namen und Todesjahr der Bestatteten. Unter der Apsis liegt Staatsrat Winter bestattet. Sein Denkmal befindet sich beim Albtalbahnhof. Außerdem sind unter der Kapelle die Eltern Viktors von Scheffel und Weltzien bestattet.

Als der Friedhof geschlossen werden sollte, beantragte die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Karlsruhe die Überlassung der Kapelle zur Abhaltung ihrer Gottesdienste. Am 9. März 1882 überließ die Stadt der Gemeinde die Kirche mietfrei, mit der Auflage, sie nach Anweisung des Bauamtes zu unterhalten und das Inventar zu stellen.

Am 24. April 1944 wurde die Kapelle bis auf die Umfassungsmauern zerstört. Erst 1947 säuberte man die Kirche vom Schutt und vermauerte die Eingangstür. Am 10. Mai 1948 schlug die US-Besatzungsmacht vor, die Kapelle zur Nutzung als US-Garnisionskirche wieder aufzubauen. Das Material wollten die Amerikaner liefern, die Arbeits-kräfte sollte die Stadt Karlsruhe zur Verfügung stellen. So fand die Wiedereinweihung als US-Garnisionskirche am 17. Oktober 1948 statt. Zu vereinbarten Zeiten durften auch die evangelisch-lutherische Gemeinde und die katholische Gemein-de, aber auch die evangelische und katholische Studentengemeinde ihre Gottesdienste in der Kirche abhalten.

Ab 8. März 1953 benötigten die Amerikaner die Kirche nicht mehr. Am 1. Juli 1953 übertrug die Stadt der evangelisch-lutherischen Gemeinde das Nutzungsrecht der Kirche.

Die Gemeinde richtete sich die Kirche für ihre Zwecke her und ließ eine neue Orgel des Orgel-bauers Weissenborn aus Braunschweig einbauen. 1964 wurde die Kirche noch einmal gründlich innen renoviert. Heizung, Fußboden und Wasserversorgung wurden modernisiert. Das neue Altarkreuz von Prof. Emil Sutor wurde zum inhaltlichen Mittelpunkt des Gebäudes.

2006 kam es zu einer unvorhergesehenen großen Renovierung  am Äußeren des Gebäudes. Im Zuge kleinerer Ausbesserungsarbeiten zeigten sich immer neue Schäden. Anfang 2007 wurde das Türmchen restauriert. Es folgte der Austausch vieler schadhafter Sandsteinquader im Mauerwerk; zur Ausführung dieser Arbeiten musste der üppige Weinbewuchs der Kirche entfernt werden. Kurz vor Abschluss der Arbeiten 2008 stellte sich heraus, dass der Dachstuhl des Gebäudes schadhaft ist, wodurch Risse im Gewölbe entstanden. Sachverständige Denkmalpfleger waren sich sicher, dass der Dachstuhl – trotz der erwähnten Kriegsschäden – noch weitgehend aus der Erbauungszeit stammte. Diese Tatsache stellte die Dachstuhlsanierung vor immer neue Probleme, da der Dachstuhl erhalten und gleichzeitig ertüchtigt werden sollte, was jedoch letztlich leider nicht gelang. Der bauzeitliche Dachstuhl aus Holz wurde 2008 abgebrochen und durch eine Stahlkonstruktion ersetzt.

Nachdem unter der Empore eine Toilette eingebaut und durch eine Spindeltreppe im Kirchenraum ein neuer Aufgang zur Orgel geschaffen worden war, malte Restaurator Horst Leyendecker die Kirche aus. Angeregt durch die hier abgedruckten alten Postkarten und ergänzt durch die Erfahrungen, die er bei der Restaurierung anderer Eisenlohr-Kirchen gesammelt hatte, gestaltete er die Fensterlaibungen, Pfeiler, Gewölberippen und Gewölbeflächen. Es war ihm wichtig, das Dunkle, Bedrückende der ehemaligen Friedhofskapelle in eine helle, nach oben zum Himmel geöffnete Gemeindekirche zu wandeln. Dabei hatte er vor allem die von Friedrich  Eisenlohr entworfene Stadtkirche von Baden-Baden, die er vor Jahren restauriert und ausgemalt hat, zum Vorbild. Die Fensterlaibungen sind mit Ornamenten ausgemalt, die von hinten nach vorn Motive aus dem Mikrokosmos bis hin zum Makrokosmos zeigen.

 

Alter Friedhof

Der erste Karlsruher Friedhof lag südlich der Konkordienkirche, über deren Krypta heute die Pyramide am Marktplatz steht, also auf der Fläche des heutigen Marktplatzes. Zu diesem Friedhof der Lutheraner kamen später weitere konfessionelle Friedhöfe dazu, die sich über das ganze damalige Stadtgebiet verteilten. Weil diese Friedhöfe die Stadtentwicklung störten, wurde ab Juli 1781 der neue Friedhof im Gewann Lohfeld angelegt. 1784 wurde der neue Lohfeld-Friedhof mit einer Mauer umgeben. Die Verwaltung des neuen Friedhofs unterstand der fürstlichen Polizeidirektion, die kirchliche Betreuung geschah durch die lutherische Kirchengemeinde.

Durch die Schließung kleiner innerstädtischer Begräbnisplätze stieg die Zahl der Bestattungen ständig. Bereits 1818 musste der Friedhof erweitert werden. Zur gleichen Zeit begann sich die Umgebung des Friedhofs durch die Umwandlung der Benediktinerabtei Gottesaue zur Militärkaserne in ein Militärquartier zu entwickeln. So musste durch die Vergrößerung des Friedhofs Mitte der 1840er Jahre sogar ein Artillerieübungsplatz verlegt werden. In diese Zeit fiel auch der Bau der Kapelle (1837) mit ihren 17 Grüften, die für die Aufnahme von je zwei Särgen ausgelegt waren, und der Bau der Gruftenhalle (1841/42) mit weiteren 33 Grüften für jeweils bis zu drei Särgen. Die Gruften unter der Kapelle sind mit 1 bis 34 numeriert, die Gruften der Gruftenhalle haben die Nummern 35 bis 63.

Während in den Grüften der Kapelle Persönlichkeiten wie Staatsrat Winter, die Eltern Viktors von Scheffel, Weltzien oder die Stifterin der Kapelle, Regine Reuter, bestattet liegen, finden wir in den Gruften der Gruftenhalle Persönlichkeiten wie Geheimrat Karl Friedrich Nebenius, Staats- und Kabinettminister Sigmund Freiherr von Reitzenstein und „Hebels Vreneli“ (Veronika Rohrer). 

An die Opfer des verheerenden Hoftheaterbrandes 1847 erinnert ein Denkmal von Franz Xaver Reich in der Nähe der Gruftenhalle. Die Vandalismus zum Opfer gefallene linke Hand des marmornen Engels auf dem Sockel mit den Namen der Opfer wurde 2007 kunstvoll wieder ergänzt. 

Rechts und links neben dem Eingang der Kapelle befinden sich Sandsteinsäulen, die in den Grötzinger Steinbrüchen gebrochen wurden. Die Säulen sind gekrönt von betenden Engelsfiguren. Ursprünglich standen die Säulen am Eingang des Friedhofs in der Waldhornstraße. An dieser Stelle befindet sich heute die Einmündung der Waldhornstraße in die Kapellenstraße. Hinter der Kapelle befand sich bis 1965 das erste Grabmal Jung-Stillings.

80 Meter südöstlich der Friedhofskapelle im Durchgang zur Friedrich-List-Schule steht das Grabmal des ehemaligen Hofpredigers Johann Leonard Walz, ein großer Kubus aus Rotsandstein mit den Ausmaßen von 4,75 m Höhe und 3,10 m Breite und Tiefe. Walz war Hofdiakon, Stadtpfarrer, Hofprediger und Kirchenrat, ab 1800 Oberhofprediger und Direktor der Kirchenmission. Ein Jahr nach seinem Tod 1817 errichtete Architekt Christoph Arnold dieses Grabmal.

In direkter Nachbarschaft befanden sich zwei Sarkophage aus Rotsandstein, von denen nur noch der von Christian Friedrich Walz vorhanden ist. Im zweiten Sarkophag lag Oberstadtbaudirektor Friedrich Weinbrenner, der am 1. März 1826 gestorben ist. Das Grabmal wurde beseitigt, als man den Leichnam Weinbrenners 1958 in die Krypta der evangelischen Stadtkirche überführte.

1852 wurde das Preußendenkmal auf dem Friedhof errichtet, dessen Marmorkreuz und Michaelsstatue 1959 wegen Einsturzgefahr entfernt wurden. Das Denkmal wurde errichtet für die 137 preußischen Soldaten, die im Juni 1849 bei Karlsruhe-Durlach im Kampf gegen die Revolutionstruppen gefallen sind. Es gibt aber keine Unterlagen darüber, dass diese 137 Soldaten tatsächlich auf dem Lohfeldfriedhof beerdigt wurden. Das Denkmal ist vielmehr als eines für alle in diesem Krieg gefallenen preußischen Soldaten anzusehen.

Das Preußendenkmal wurde auf Veranlassung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. von Friedrich Eisenlohr geschaffen, der auch die Friedhofskapelle, den alten Bahnhof in der Kriegsstraße und die Stadtkirche in Baden-Baden gebaut hat.

Im Herbst 1874 wurde der alte Friedhof geschlossen. Einzelne Bestattungen fanden noch bis 1882 statt. Nach Ablauf der gesetzlichen Ruhefrist für die Gräber erfolgte abschnittweise die Umgestaltung zum Park. Teile des Friedhofsgeländes mussten Bauprojekten weichen, wie der Schillerschule oder dem klassizistischen NS-Arbeitsamt, in dem sich heute das Landesvermessungsamt befindet. Schließlich entstanden in den  vergangenen Jahren die Friedrich-List-Schule und der Neubau  der Volksbank. 

Die Kirche an der Kapellenstraße wirkt inzwischen wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten.

 

Literatur:

Karl Zahn: Gräber, Grüfte, Trauerstätten – Der Karlsruher Hauptfriedhof, Karlsruhe 2001

Text: Pfarrer Christian Bereuther, Evangelisch-Lutherische Gemeinde Karlsruhe

Denkmal nach § 2 (Kulturdenkmal) Denkmalschutzgesetz

Baujahr: 1781

 

Bild: PBe, 2017

 

Theaterbrand Denkmal von 1847

 

Kapelle am Alten Friedhof, Innenraum nach Sanierung 2008 Bild: Beate Paland, CC BY-NC-SA 3.0, 2008

 

Preußendenkmal 1852, Foto um 1907 Bild: 1907

 

Der Kirchhof in Carlsruhe, Stahlstich, 2. Hälfte 19. Jh. Bild: Stadt Karlsruhe (AK 8/PBS oXIVc 29)

 

Gruftenhalle 1841/42 Bild: Stadt Karlsruhe (AK8/Alben4) , 1959

 

Preußendenkmal Bild: PBe, 2013