Alter Schlachthof: Alte Türen, neue Räume - Vom Schlachthof zum Kreativareal

Alter Schlachthof 13

Treffpunkt, Öffnungszeit und Führungen

11 Uhr: Führung „Alte Türen, neue Räume – Vom Schlachthof zum Kreativareal“ (Karlsruher Fächer GmbH), Treffpunkt: vor der Fleischmarkthalle

Alte Türen, Neue Räume - Vom Schlachthof zum Kreativareal

Der ehemalige Schlacht- und Viehhof Karlsruhe verwandelt sich seit dem Jahr 2006 in ein Areal der Kultur- und Kreativwirtschaft, in ein neues Stadtquartier für Kreativschaffende, kulturelle und kulturaffine Einrichtungen. Aus ehemaligen Schlachthallen, Ställen und Funktionsgebäuden wurden Ateliers und Werkstätten, Veranstaltungsräume und Büros. Heute, im Jahr 2017, ist die Konversion des Geländes weitgehend abgeschlossen.

Welcher Ansatz hinter der sukzessiven Umnutzung des Areals stand und wie sich neue Identitäten formen konnten, ohne die alten zu negieren oder zu zerstören, ist Schwerpunkt dieser Führung über das ehemalige Schlachthofareal.

Der vierte und letzte Schlachthof

Der Schlacht- und Viehhof an seinem jetzigen Standort im Osten Karlsruhes ist die vierte und letzte Einrichtung dieser Art in Karlsruhe. Vorausgegangen waren seit der Stadtgründung 1720 und den 1880er Jahren drei Vorgängereinrichtungen in der heutigen Innenstadt. Das Wachstum der Residenzstadt, stadthygienische Aspekte und Modernisierungsbestrebungen begründeten Ende des 19. Jahrhunderts die Initiative für einen Neubau am östlichen Stadtrand. Anstelle eines einzelnen Schlachthauses sollte nun ein ganzes Areal mit zwei etwa gleich großen Funktionsbereichen für Viehhof und Schlachthof entstehen. Auf dem Viehhof wurden die Tiere begutachtet und gehandelt, auf dem Schlachthof wurden sie geschlachtet, und ihr Fleisch wurde verarbeitet.

Lage, Größe und architektonische Gestaltung gehen auf Vorschläge des Veterinärs August Lydtin zurück, den die Stadt 1883 mit einem Gutachten für die Errichtung eines neuen Schlachtbetriebs beauftragt hatte. Lydtins Empfehlungen bildeten die Grundlage für die Entwürfe des mit der Planung betrauten Stadtbaumeisters Wilhelm Strieder (1848-1913). Zwischen 1885 und dem Jahr der Einweihung 1887 entstanden insgesamt 20 Gebäude, darunter Schlacht- und Markthallen für Großvieh, Kleinvieh und Schweine, Verwaltungs- und Dienstwohngebäude, ein Isolierschlachthaus und eine Kaldaunenwäsche zum Entleeren und Reinigen der Eingeweide.

Im Laufe der Jahrzehnte erfuhr der Schlachthof zahlreiche bauliche Erweiterungen. Der Bau einer neuen großen Schweinemarkthalle auf dem Viehhof 1928 markiert den Schlusspunkt einer Phase historistisch geprägter, repräsentativer Funktionsarchitektur auf dem Schlacht- und Viehhof. Der Zweite Weltkrieg verhinderte für zwei Jahrzehnte weitere Bautätigkeit auf dem Areal.


Das Ende des Schlachtbetriebs
Mit der Privatisierung des Viehhofs 1971 wurden aus wirtschaftlichen Gründen mehrere Gebäude an die Stadt abgetreten, die die freien Flächen für branchenfremde Nutzungen vermietete. Bis in die 1990er Jahre prägten Firmen aus den Branchen Spedition, Maschinenhandel, Fahrschulen und Automobil das Bild auf dem Viehhof.
Der Betrieb des Schlachthofs lag seit 1978 in den Händen der neu gegründeten „Karlsruher Schlachthof-Betriebsgesellschaft mbH“ mit der Stadt Karlsruhe als alleiniger Gesellschafterin. Im Laufe der Zeit veränderten sich die Anforderungen an einen modernen Schlachtbetrieb, die im Karlsruher Schlacht- und Viehhof nicht mehr gegeben waren. Eine steigende Zahl von Versandschlachtereien in den Erzeugergebieten machte den kommunalen Schlachthöfen zunehmend Konkurrenz. Infolge dieser Entwicklungen wurde der Schlachtbetrieb in Karlsruhe Ende 2006 eingestellt, nachdem der Viehhof bereits 1990 seine Pforten geschlossen hatte.
Der ehemalige Schlachthof ist ein Kulturdenkmal nach § 2 Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg. Zur Sachgesamtheit gehören alle bis 1945 errichteten Gebäude.

Der Weg zum Kreativpark
Bestrebungen zur Überführung des Areals in eine kulturnahe Nutzung kamen bereits in den 1990er Jahren auf. Mit der Übersiedlung des etablierten Karlsruher Kulturzentrums „Tollhaus“ auf den ehemaligen Viehhof 1992 und der Gründung der Arbeitsgemeinschaft „KreativPark Ost“ entwickelte sich die Idee, auf dem ehemaligen Schlacht- und Viehhof kulturelle und kreative Nutzungen anzusiedeln. Diese Überlegungen flossen als Leitprojekt in die Bewerbung Karlsruhes als Kulturhauptstadt 2010 ein. Trotz des Scheiterns Karlsruhes im Titelwettbewerb blieb die Idee der Umnutzung des Alten Schlachthofs in ein Kultur- und Kreativareal bestehen. Inzwischen ist die Konversion ein Leitprojekt des Karlsruher Masterplans 2015. Zum 300. Stadtgeburtstag soll die Entwicklung des Gebiets abgeschlossen sein.

Sanierung und Umnutzung
2006 gewann das Büro ASTOC den städtebaulichen Wettbewerb zur Konzeption des Schlachthof-Areals. Im Vorfeld hatte ein Expertengremium bereits ein Leitbild für eine erfolgreiche Umnutzung erarbeitet. Der Erhalt des Identität stiftenden, historischen Baubestands ist dabei wesentlicher Bestandteil des Konzepts. Ergänzend zum Bebauungsplan „Schlachthof/Viehhof“ wurde ein Gestaltungshandbuch entwickelt, das die wesentlichen Leitlinien der Gebietskonzeption aufzeigt und den Nutzern Anregungen bietet, ihre Ideen im Rahmen verbindlicher Vorgaben einzubringen. Das Zusammenspiel vieler individueller Gestaltungsideen gibt dem Areal so sein unverwechselbares Gepräge.

Inzwischen herrscht auf dem Alten Schlachthof seit einigen Jahren rege Planungs- und Bautätigkeit. In den ehemaligen Kühlhäusern, Schlachthallen und Stallgebäuden entstehen Büroräume, Ateliers und Werkstätten für Gewerbetreibende aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. So soll insbesondere der vielfältigen Karlsruher Kultur- und Hochschullandschaft Rechnung getragen werden, deren Akteure und  Absolventen ein großes Potenzial in kreativen und innovativen Arbeitsfeldern mitbringen. Zahlreiche Kultureinrichtungen und Firmen haben sich bereits auf dem Areal angesiedelt.

In der ehemaligen Schweinemarkthalle auf dem Viehhof eröffnete 2013 außerdem das Gründerzentrum „Perfekt Futur“, das Existenzgründern aus kreativen Branchen kostengünstige Arbeitsräume bietet. Im Inneren der historischen Halle wurde ein außergewöhnliches Raum-in-Raum-Konzept aus rund 70 Seefrachtcontainern auf 3 Etagen verwirklicht.

Bestand und Neubau
Sämtliche noch erhaltenen Bestandsgebäude des Alten Schlachthofs sind und bleiben im Eigentum der öffentlichen Hand. Die städtische Karlsruher Fächer GmbH ist mit der Sanierung und dem Umbau der Gebäude sowie der anschließenden Vermietung betraut. Mit den Themen Farbe, Werbung, zusätzliche Fenster, Türen und Materialien, nicht mehr benötigten technischen Anlagen und den gealterten Oberflächen soll einheitlich umgegangen werden. Die Konversion soll als neue Zeitschicht erkennbar sein und sich in hochwertiger Architektur ausdrücken. Gestaltungshandbuch und Bebauungsplan stecken den Rahmen ab, Detaillösungen sollen an einem Gebäude entwickelt und dann auf vergleichbare Fälle übertragen werden.

Weitere neue Bauprojekte im Alten Schlachthof
Mehrere größere Flächen liegen auf dem Viehhof derzeit noch brach. Bauten der Nachkriegszeit wurden 2007 abgerissen, da sich keine wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten boten. Nun werden die Flächen von der Stadt an Investoren verkauft. Ein Neubau ist bereits fertig gestellt, die übrigen Freiflächen werden in den kommenden Jahren bebaut. Über den Bebauungsplan ist auch hier die Eingliederung in das Konzept der Kultur- und Kreativwirtschaft hinsichtlich späterer Nutzungen vorgegeben.

Auszug aus: Ute Fahrbach-Dreher/Lina Hoscislawski: Der Alte Schlachthof in Karlsruhe. Ein Konversionsprojekt für die Kultur- und Kreativwirtschaft. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege, 1/2013. S.41ff.

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