Otto Bartnings Evangelische Markuskirche

Weinbrennerstr. 23

Treffpunkt, Öffnungszeit und Führungen

8 bis 13 Uhr und 15 bis 17.30 Uhr Besichtigung

11 Uhr Führung mit Sabine Straßburg, stattreisen e.V.

15 Uhr Orgelkonzert mit Dieter Landvogt

Die Kirche des Architekten Otto Bartning wurde in kurzer Bauzeit errichtet, als klarer rechteckiger Baukörper, der in einen halbrunden Altarraum mündet. Er ist zentral ausgerichtet auf Hochkreuz, Altar und Kanzel, die als Ort des Wortes architektonisch und geistig im Brennpunkt des Raumes steht. Die fünf hohen geschlossenen Felder des Altarraumes geben mit ihren Bibelworten auch symbolischen Halt.

Evangelische Markuskirche

Der Architekt der Markuskirche Otto Bartning (1883 – 1959) stammte aus Karlsruhe und war der wegweisende Architekt für den evangelischen Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Er hatte sich mit grundsätzlichen Überlegungen zum Kirchenbau einen Namen gemacht, insbesondere mit dem Modell der Sternkirche und mit der fächerförmigen Stahlkirche für die Pressa-Ausstellung in Köln 1928, die dann nach Essen versetzt wurde. Es ging dem Architekten dabei neben dem Einsatz von neuen, preisgünstigen Technologien um die Spannung zwischen gerichtetem und zentralem Raum, zwischen der protestantischen Ausrichtung auf das Wort und der Versammlung der Gemeinde.

Ein weiteres von ihm entwickeltes Kirchenraumkonzept war 1933 auch maßgeblich für die Ausschreibung zum Wettbewerb für den Bau der Markuskirche, der ersten seiner drei Kirchen in Karlsruhe. Es folgten 1949 die Friedenskirche in Weiherfeld als eine seiner 48 so genannten „Notkirchen“ und die Thomaskirche an der Alb, die erst 1960 nach seinem Tod fertig gestellt wurde. Diese drei Kirchen stehen unter Denkmalschutz, da sie herausragende Zeugnisse von Bartnings fortschrittlichen städtebaulichen, konstruktiv-architektonischen und theologisch begründeten Entwürfen darstellen – jeweils unter den spezifischen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen ihrer Bauzeit.

Bartning war 1. Preisträger des Wettbewerbs für die Markuskirche. Er konnte seinen Entwurf gegen heftige Angriffe der Nationalsozialisten durchsetzen, indem er auf Bezüge zum Karlsruhe prägenden Architekten Friedrich Weinbrenner verwies und z.B. darlegte, dass die als zu flach kritisierte Dachneigung derjenigen der Stadtkirche entspräche. Die Lage des Baugrundstückes am runden Yorckplatz erforderte eine besondere städtebauliche Lösung der Bauaufgabe. Der sechseckige Turm mit dem offenen Glockenstuhl nimmt die Richtungen der sechs einmündenden Straßen auf. Er ist Gelenk zwischen Kirche und Gemeindehaus, die einladend um den erhöht liegenden Vorplatz gruppiert sind.

Die Kirche, die Raum für 900 Sitzplätze bietet, wurde in kurzer Bauzeit errichtet, als klarer rechteckiger Baukörper, der in einen halbrunden Altarraum mündet. Er ist zentral ausgerichtet auf Hochkreuz, Altar und Kanzel, die als Ort des Wortes architektonisch und geistig im Brennpunkt des Raumes steht. Die fünf hohen geschlossenen Felder des Altarraumes geben mit ihren Bibelworten auch symbolischen Halt. Die vorgefertigten geteilten Stahlbetonstützen bilden einen hufeisenförmigen Umgang. Sie filtern das seitliche Fensterlicht und verstärken durch die angedeuteten Seitenschiffe den sakralen Charakter des Raumes. Die Orgel auf der Empore über dem Eingangsbereich fügt sich in voller Raumbreite in das architektonische Raumkonzept. Sie entspricht mit ihren 43 Registern und 2600 Pfeifen den Klangvorstellungen der Spätromantik am Übergang zum Neobarock mit dem besonderen Anliegen, hier Orgelwerke aller Musikepochen zum Klingen bringen zu können. Der Orgelprospekt nimmt das Rippensystem der Holzdecke auf, die besonders zur ausgeklügelten Akustik des Kirchenraumes beiträgt. Holzteile, Putzwände und Sandsteinfußboden kontrastieren und sind farblich sowie akustisch für die Raumwirkung bestimmend.

Es gibt neben der starken Sprache der Architektur nur wenige vorwiegend kunsthandwerklich gestaltete Ausstattungsstücke in der Markuskirche, die den für Bartning so wichtigen „einhelligen“ Sinngehalt unterstreichen. Unter dem überhöhten Kreuz im Giebelfeld tritt man ein. Der für Bartning typische dunkle und niedrige Zwischenbereich von außen nach innen, der Vorraum zur Kirche unter der Empore, führt hinein mit zwei Wandkeramiken, die den „Barmherzigen Samariter“ und den „Verlorenen Sohn“ darstellen. Der leicht abfallende Mittelgang des hohen Kirchenschiffs zielt dramaturgisch konsequent wie auf eine Bühne zur mittigen Kanzel mit dem schmiedeeisernen Spruch „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben “. Zwei geflügelte Tiergestalten, Löwe und Stier als Symbolgestalten für Markus und Lukas sowie für Opfer und Auferstehung, tragen den Steinaltar in der ungewöhnlichen Anordnung hinter der Kanzel. Darüber bildet das Kreuz die Mitte des halbrunden Raumes, der von den Speichen des Deckenrunds bekrönt ist – korrespondierend zum Kreuz über dem Eingang.

Für Bartning ist die „Raumlust nur ein Gleichnis“, „Bauen ist ein feierliches Schreiten – und ein Raum, der vor dem Schreiten aufsteht und sich ordnet mit Getön und Licht.“ Er begründet die Klarheit des Raumes mit den Worten: „Die raumempfindende Seele strahlt in alle Teile eines Raumes aus, bis sie ihn ganz erfüllt. Im einhelligen Raum entfaltet sich die Seele zur kosmischen Gestalt, im vielspältigen Raum verwirrt sie sich zum chaotischen Knäuel, in einem Raum wird ihr schöpferisch wohl, im anderen wehe.“

Bartning forderte schon 1919 in seiner richtungsweisenden Schrift „Vom neuen Kirchenbau“, dass „die architektonische und die liturgische Raumspannung einhellig sein müssen“. Dies ist ihm mit der Markuskirche in außerordentlicher Weise gelungen. In dem konsequenten Entwurf dieser „Predigthalle“ und ihrer sorgfältigen Gestaltung nimmt sie einen besonderen Platz in seinem Gesamtwerk ein.

Text: Sabine Straßburg, Architektin

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