Otto Bartnings Evangelische Friedenskirche

Tauberstr 10

Treffpunkt, Öffnungszeit und Führungen

12 bis 18 Uhr Besichtigung

15 Uhr Führung mit Sabine Straßburg, stattreisen e.V.

Nach dem 2. Weltkrieg gab es in Deutschland wegen der Zerstörungen und des Zuzuges von Flüchtlingen einen zusätzlichen Bedarf an Kirchen. Statt die eher zu kleinen Baracken der Schweizerischen Militärverwaltung zu verwenden, beauftragte der Leiter des Hilfswerks der Evangelischen Kirche den aus Karlsruhe stammenden Architekten Otto Bartning, einen Entwurf zu entwickeln, der durch Möglichkeiten zur Selbsthilfe und Verwendung von Trümmermaterial zugleich eine langfristig kostengünstigere Alternative darstellte. Die Mittel für den Bau der Kirchen in den vier Besatzungszonen wurden vor allem vom Lutherischen Weltbund gespendet.

Die Friedenskirche in Karlsruhe-Weiherfeld gehört zu diesen so genannten „Notkirchen“, die nach Bartnings Entwürfen errichtet wurden. Es existieren noch 41 Kirchen dieser Art in ganz Deutschland, für die Bartning ein kostengünstiges Bausystem entwickelt hat. Viele dieser Kirchen sind inzwischen stark verändert. Die Friedenskirche gehört zu den Beispielen, die von außen und im Kirchenraum wesentlich den Charakter dieser Notkirchen bewahrt haben und das inhaltliche Programm sowie die Gestaltungsabsicht eindrucksvoll verdeutlichen.

Evangelische Friedenskirche – eine „Notkirche“ 

Bartning entwickelte als Tragwerk eine zeltförmige Holzbinder-Konstruktion, die vorgefertigt angeliefert wurde. Ebenso wurden Pfetten, Dachtafeln, Emporen, Türen, Fenster und Bänke in Serien hergestellt, angeliefert und in ein bis zwei Wochen aufgestellt. Die konstruktiv nicht beanspruchten Außenwände sind zweischalig aus Trümmersteinen errichtet. In Karlsruhe verwendete man dazu Trümmersteine des Rathauses, innen als Sichtmauerwerk aus Ziegeln, außen rotgelbe Sandsteine. „In dieser Verbindung des Typisierten mit dem Individuellen, des Industriell-Transportablen mit dem Ortsgebundenen liegt das Wesen dieser Notkirchen. Sie sind ein Dokument der aus der Not erwachsenen Schlichtheit und Kraft.“ Mit ca. 80 000 DM lagen damals die Baukosten etwa halb so hoch wie bei einer gleichgroßen Kirche in traditioneller Bauweise.

Zur Einweihung der ersten Notkirche sprach Bartning: „So wie Ihr Sachwalter des Wortes und des Geistes seid und dafür mit Leib und Seele steht, so sind wir die Sachwalter der Gestalt und des in der sichtbaren Kirche sich darstellenden Geistes. Und auch wir stehen dafür mit Leib und Seele – nicht trotz der Wüste, sondern kraft der Wüste, in der dies Zelt ein Halt und Trost der Seele sei.“

Die Friedenskirche in Weiherfeld wurde im November 1949 ohne Turm eingeweiht. Im Jahr 1958 erhöhte der Karlsruher Architekt Erich Rossmann das Kellergeschoss und baute es zu Gemeinderäumen aus. Gleichzeitig baute er das nordwestlich angrenzende, tiefer liegende Gemeindehaus mit Kindergarten auf dem Niveau des Untergeschosses der Kirche. Im Jahr 1962 ergänzte er den Turm. Bei Untergeschoss und Turmbau waren jeweils Unterfangungen der Fundamente nötig. Der Turm wurde mit einer inneren Betonschale hochgezogen. Der vorher seitliche Haupteingang durch den Turmstumpf wurde in die Mittelachse verlegt und mit einem verglasten Windfang ergänzt. So konnten zusätzlich Sakristei und WC im Erdgeschoss des Turmes eingerichtet werden.

Anlässlich des 50-jährigen Kirchenjubiläums wurde 1999 der Innenraum der Kirche vom Karlsruher Architekten Manfred Pilz unter Mitarbeit von Sabine Straßburg instand gesetzt. Die Bänke wurden so gekürzt, dass entlang der Längswände zusätzlich seitliche Gänge entstanden sind. Die oberste Altarstufe und die Bankpodeste wurden entfernt, Fenster, Beleuchtung und Elektrotechnik wurden erneuert. Im Zuge der Instandsetzung haben die Architekten auch den Kirchplatz südwestlich der Kirche neu gestaltet, der nun mit Bänken und Lampen möbliert als Quartiersplatz genutzt wird. Die Veränderung der Oberflächen und Pflasterung hat die Wuchsbedingungen für die vorhandenen Linden sehr verbessert. Diese schirmen den Kirchplatz mit ihren neu geordneten Pflanzbeeten von den angrenzenden Straßen ab.

Text: Sabine Straßburg, Architektin

Nächste Haltestelle
Karlsruhe Enzstraße
Linie: BUS 52

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Victor-Gollancz-Str. 5 (Parkautomat)
Entfernung: ca. 1,0 km Luftlinie

Anfahrt
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