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  Gottesauer Block Gottesauer Block

Der Bereich südlich des Gottesauer Platzes unterscheidet sich deutlich vom üblichen Straßenbild der Oststadt, das auch heute noch vor allem von Mietshäusern mit Fassaden des Historismus und Jugendstils bestimmt ist. Zwischen dem Platz, der mit dem Wochenmarkt das eigentliche Zentrum des Stadtteils bildet und der Wolfartsweierer-, Gottesauer- sowie Buntestraße erstreckt sich dagegen eine ausgedehnte, einheitlich konzipierte Wohnanlage des sozialen Mietwohnbaus der Zeit um 1930.

Nicht weniger als 43 Hauseinheiten mit insgesamt 344 Ein- bis Vierzimmerwohnungen sowie sechs, zum Gottesauer Platz hin gelegenen Ladengeschäften, orientieren sich an den schon früher bestehenden Straßen. Die beim Bau neu angelegte Buntestraße ist auf den Turm der Lutherkirche ausgerichtet, wie man im Blick von Süden her erkennen kann. Der große Baublock wird zusätzlich von der Gottesauer Straße aus durch die August-Schwall-Straße erschlossen, die als Sackgasse auf das zentral gelegene Waschhaus zuführt.

Die teilweise von vorgartenartigen Grünstreifen begleiteten Häuserzeilen sind je nach Straßenzug zwischen vier und fünf Geschosse hoch und tragen Walmdächer. Die verputzten Fassaden werden straff horizontal gegliedert mit Sockel, Kunststeingesimsen in Brüstungshöhe der Fenster, Putzkanten und Dachtraufen. Als gestalterisches vertikales Motiv dagegengesetzt sind die durch alle Stockwerke führenden verglasten Schlitze der Treppenhäuser. Die 43 Hauseingänge sind differenziert gestaltet, teils mit Vordächern und seitlich abgestuften Leibungen. Zum Gesamteindruck tragen an der Gottesauer Straße und der August-Schwall-Straße zusätzlich noch Erkervorbauten bzw. Balkone bei.

Der Wohnblock wurde 1930 - 1933 durch den Mieter- und Bauverein Karlsruhe errichtet, wobei die Planungen zur Bebauung des früheren Exerzierplatzes der Kaserne Gottesaue schon seit 1927 liefen und 1929 sogar ein Wettbewerb unter Karlsruher Architekten veranstaltet wurde. Die endgültigen Entwürfe stammten schließlich von Emil Brannath, der damals das Baubüro dieses bereits in den 1890-er Jahren gegründeten gemeinnützigen Wohnbauunternehmens leitete. Er realisierte hier eine der größten Anlagen des sozialen Wohnungsbaus der Weimarer Republik in Karlsruhe. Als solche ist der Baukomplex ein hervorragendes Zeugnis für das Baugeschehen dieser Jahre, das - von der Stadtverwaltung unter Baubürgermeister Hermann Schneider besonders gefördert - auf Beseitigung der gravierenden Wohnungsnot zielte. Dass man dabei politisch mit der Unterstützung der gemeinnützigen Wohnbauunternehmen nicht nur bei der Eigentumsfrage neue Wege beschritt, sondern auch innovative soziale Gedanken umsetzte, zeigt die im Mittelpunkt der Anlage angeordnete Gemeinschaftseinrichtung des Waschhauses. Wie im Waschhaus der kurz zuvor entstandenen Dammerstock-Siedlung konnte hier zur Entlastung der Hausfrauen die Wäsche gewaschen werden, zudem wurden von hier alle Wohnungen der Anlage zentral mit Warmwasser versorgt.

In Typus und Stil folgt die Anlage weniger dem Siedlungsbau jener Zeit als vielmehr dem Beispiel großer innerstädtischer Wohnhöfe, wie sie vor allem im zeitgenössischen Gemeindebau in Wien üblich waren. Bemerkenswert ist dabei, dass der Block - mit geringen finanziellen Mitteln in Jahren extremer wirtschaftlicher Depression errichtet - eine überdurchschnittliche Gestaltqualität aufweist, die auch heute noch erkannt werden kann, trotz späterer Eingriffe, vor allem was die neuen Fenster mit unvorteilhaft veränderter Teilung angeht. Formal durchaus geglückt ist dem Architekten die Verbindung von Elementen eher konservativer Architektur der Zwanziger Jahre wie die Ziegeldächer und die Steingliederungen, mit solchen des modernen Neuen Bauens wie die horizontale Gliederung oder die Treppenhausverglasungen. Darin unterscheidet sich der Wohnblock am Gottesauer Platz deutlich von dem nur wenig später nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten entstandenen Wohnhof des Mieter- und Bauvereins beim heutigen Staatstheater, der ebenfalls von Emil Brannath geplant wurde, aber einen stärker repräsentativen Charakter zeigt.

Text: Dr. Gerhard Kabierske, Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau

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